
1968
Belegschaftsinitiativen in der Mundglasbranche nach „1968“
- Christiane Mende
- 15. März 2025

Christiane Mendes Buch, „Spur der Scherben. Die Selbstverwaltung der Glashütte Süßmuth und der Niedergang der bundesdeutschen Mundglasbranche 1969 – 1989“, erschien bereits 2023 im transcript Verlag Bielefeld. Darin beschreibt die Autorin die im März 1970 erfolgte Betriebsübernahme der Glashütte Süßmuth im nordhessischen Immenhausen durch die Belegschaft. Dieser nahezu einmalige Vorgang in der bundesrepublikanischen Geschichte, dass eine Belegschaft sich ermächtigt, die Leitung des Betriebes zu übernehmen, um ihn vor der Schließung zu bewahren, ist schnell in völlige Vergessenheit geraten. Die Geschichte der bundesrepublikanischen Arbeiterbewegung, darunter auch die der Gewerkschaften, kommt bis heute weitgehend ohne die Erinnerung an „wilde Streiks“, Betriebsbesetzungen und den Versuchen betrieblicher Selbstverwaltung aus. Umso wichtiger, dass Christiane Mende diesen über fünf Jahre andauernden Prozess akribisch recherchiert hat, das [...]
Zum 75. Geburtstag des 1998 verstorbenen Liedermachers und Rockpoeten Gerulf Pannach
- Bernd Gehrke
- 15. Juni 2023

Am 24. Juni 2023 jährt sich der Geburtstag von Gerulf Panach zum 75. mal. Am 3. Mai diesen Jahres war bereits der 25. Todestag des 1948 geborenen linken Liedermachers und Rockpoeten, der 1977 aus dem Knast in der DDR in den Westen abgeschoben worden war. Er starb mit nur 49 Jahren. So, wie auch der Intellektuelle Rudolf Bahro oder der Schriftsteller Jürgen Fuchs, die ebenfalls aus dem DDR-Knast in den Westen gepresst worden waren, starb er viel zu früh an Krebs. Als in den 1990er Jahren in ehemaligen DDR-Knästen Röntgengeräte entdeckt wurden, kam der Verdacht auf, dass Oppositionelle im Knast gezielt bestrahlt worden waren. Doch konnten trotz systematischer Nachforschungen dafür nie Belege gefunden werden. Eigenartig bleibt dennoch die Häufung dieser [...]
Proteste der DDR-Bevölkerung im Jahre 1968
- Bernd Gehrke
- 14. Dezember 2012

Gemessen am Jahr des Juni-Aufstands von 1953 oder dem der Biermann-Ausbürgerung 1976 war 1968 ein unscheinbares Jahr der DDR-Geschichte. Eine Revolte fand nicht statt. Der folgende Aufsatz lässt sich dennoch davon leiten, dass die Revolte eine unverzichtbare Achse einer DDR-Analyse zum Themenfeld „1968“ bildet. Denn das Jahr 1968 ist vor allem deshalb in die Geschichte eingegangen, weil es das Jahr der ersten globalen Revolte war, über Systemgrenzen hinweg. Insofern dürfen sich Fragestellungen nach vergleichbaren Entwicklungen gegenüber anderen Staaten und Gesellschaften nicht mit der Darstellung allgemeiner Entwicklungsprozesse oder Problemlagen begnügen. Vielmehr ist der Verbleib der Revolte zu erkunden, ihr soziokulturelles und politisches Potenzial und die Gründe ihres Ausbleibens. Die Ausblendung dieser Dimension etwa in den mentalen Dispositionen und der politischen Funktion [...]
- Bernd Gehrke
- 9. Dezember 2008

Noch in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, also bereits zu einer Zeit, als mit der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR die Formierung einer Opposition auch international wahrnehmbar geworden war, einer Opposition, die sich immer mehr auch an internationalen Aktionen der Opposition in unseren Ländern beteiligte, meinte Vaclav Havel, die Oppositionellen in der DDR seien „die einsamsten im ganzen Lager“. Umso größer war das internationale Erstaunen über die demokratische Massenbewegung der „verschlafen“ erscheinenden Ostdeutschen, die die SED-Diktatur im Herbst 1989 zum Einsturz brachte. Zu diesem Widerspruch zwischen dem äußeren Bild der DDR und einer weit widersprüchlicheren Realität äußerte sich einmal der tschechisch-deutsche Dichter Jan Faktor, der 1978 endgültig in die DDR übersiedelte und dort zu einem wichtigen Akteur der autonomen [...]