von Bernd Gehrke, 9. September 2008

Noch in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, also bereits zu einer Zeit, als mit der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR die Formierung einer Opposition auch international wahrnehmbar geworden war, einer Opposition, die sich immer mehr auch an internationalen Aktionen der Opposition in unseren Ländern beteiligte, meinte Vaclav Havel, die Oppositionellen in der DDR seien „die einsamsten im ganzen Lager“. Umso größer war das internationale Erstaunen über die demokratische Massenbewegung der „verschlafen“ erscheinenden Ostdeutschen, die die SED-Diktatur im Herbst 1989 zum Einsturz brachte.

Zu diesem Widerspruch zwischen dem äußeren Bild der DDR und einer weit widersprüchlicheren Realität äußerte sich einmal der tschechisch-deutsche Dichter Jan Faktor, der 1978 endgültig in die DDR übersiedelte und dort zu einem wichtigen Akteur der autonomen und avantgardistischen Kunstszene in den achtziger Jahren wurde. Im Rückblick auf die untergegangene DDR schrieb er: „Die Tschechen – und ich auch, obwohl ich die DDR schon vor meiner Übersiedelung einigermaßen gut kannte – irrten sich in der Einschätzung dieses Landes gewaltig. Für die meisten Tschechen waren die DDR-Bürger alle gleich: verbohrt, naiv, staatstreu gläubig und – nicht nur ideologisch – ein bisschen dumm. (…) Die ganze DDR erschien den Tschechen als eine politisch-polizeilich gut durchorganisierte Hölle, wo alle auch den größten ideologischen Quatsch glaubten und ernst nahmen.“[1] Man kannte, so fuhr er fort, eben nur den braven DDR-Urlauber im Dederon-Hemd, der die Campingplätze der CSSR bevölkerte. Und man kannte, so will ich von mir aus hinzufügen, natürlich auch die DDR-Grenzkontrolleure, die in ihren preußischen Uniformen und ihrem militaristischen Gestus an die faschistischen Zeiten erinnerten und jeden Durchschnittsbürger beider Länder bei der Grenzkontrolle erzittern ließen. Doch ebenso wichtig zum Verständnis der widersprüchlichen Gestalt der DDR ist noch eine  andere, als diese erste und äußerliche Realität, die Jan Faktor erst nach seiner Übersiedelung in die DDR kennen lernte, nämlich die, als er von einem Kreis von Oppositionellen auf immer neue staatsunabhängige Kreise und Szenen stieß, von denen er schrieb: „Über die oppositionellen Linken in der DDR oder die anarchisch lebenden Chaoten und Aussteiger oder über die Opposition, die sich bei der Kirche oder völlig eigenständig und halb konspirativ formierte, wusste man wenig oder gar nichts, auch nichts über die Ausmaße, die die verschiedenen oppositionellen Strömungen annahmen.“  Faktor konstatierte, dass in der DDR „… unter ganz anderen politischen Voraussetzungen – aber auch bewusst und auf andere Art konsequent – Opposition wuchs und zum Teil Formen annahm, die in der CSSR wegen des seinerzeit viel stärkeren polizeilichen Drucks damals nicht denkbar waren.“[2]

Zumindest zwei Aspekte des Widerspruches zwischen äußerem Schein und der weit komplizierteren Realität der DDR betreffen auch die DDR-Opposition selbst: Zum einen existierte sie nicht erst seit jenem Augenblick am Ende der achtziger Jahre, als sie an das Licht der internationalen Öffentlichkeit trat, zum anderen stammt ihre politische Orientierung an der internationalen Solidarität von Oppositionellen innerhalb des sowjetischen Imperiums nicht erst aus dieser Zeit, als sie sich auch praktisch an internationalen Aktionen beteiligte.

Von diesen beiden Aspekten soll im Folgenden die Rede sein, weil sie eng mit den Entwicklungen in der Tschechoslowakei und ihrer Opposition verbunden sind und weil sie zugleich wichtige unterschiedliche Entwicklungen in unseren Ländern deutlich machen, die auch die unterschiedlichen Gestaltungen von Opposition in unseren Länden berühren.

Doch bevor ich auf jene Aspekte eingehe, die unmittelbar mit der Opposition in der Tschechoslowakei und speziell mit der Charta zu tun haben, scheint es mir notwendig, zum besseren Verständnis dieser Aspekte für die tschechischen Leserinnen und Leser einige allgemeine Bemerkungen zur Entwicklung von Opposition und Widerstand in der DDR voraus zu schicken.

Allgemeine Vorbemerkungen über die DDR-Opposition

 Um sich dem Eingangs benannten Widersprüchen einer spät bekannt gewordenen und marginalisierten Opposition zu nähern, ist es wichtig zu verstehen, dass wir es mit einem sich schrittweise vollziehenden Prozess der Neuentstehung von Opposition nach dem Mauerbau 1961 zu tun haben. Bis Anfang der fünfziger Jahre waren die wichtigsten oppositionellen Gruppierungen vernichtet,[3] die sich aus Traditionen der Weimarer Republik speisten und, schlimmer noch, bis 1961 wurden auch die sie hervorbringenden soziokulturellen Milieus beseitigt. Dabei spielte nicht nur der stalinistische Terror, sondern auch die Massenflucht nach Westdeutschland bis 1961 eine wesentliche Rolle.[4]

Der Neuentstehungsprozess von Opposition begann in der DDR also innerhalb der „geschlossenen Gesellschaft“ in den sechziger Jahren zunächst durch die Neuentstehung oppositioneller Milieus, die sodann auch erneut wieder politische Formierungsversuche hervorbrachten.[5] Er war stark mit einer neuen Generation verbunden, die – wie die Kriegskinder – entweder in der DDR ihre politische Sozialisation erfahren hatte oder als Nachkriegskinder in der DDR selbst aufgewachsen war. Dieser Prozess entwickelte sich wegen der erwähnten Vernichtung von Oppositionsmilieus und –organisationen ohne Möglichkeiten der direkten Anknüpfung an überlebende politische Untergrundorganisationen und Traditionen: Weder der Sozialdemokraten oder anderer antistalinistischer Fraktionen der Arbeiterbewegung,[6] noch der Christdemokraten oder Liberalen – übrigens auch nicht jener der Nazis. Dieser Prozess hatte verschiedene Entwicklungsstadien und verschiedene Erscheinungsbilder von Opposition, womit vor allem auch unterschiedliche Ausmaße von öffentlicher Aktion und öffentlicher Wirksamkeit verbunden waren. Diese Stadien der Opposition sind Teil eines Entwicklungsprozesses von Herrschaft und Gesellschaft in der DDR insgesamt, in welchem sich die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zwischen Gesellschaft und Regime änderten, bis schließlich in den achtziger Jahren die unabhängige Friedensbewegung bereits offen und auch international wahrnehmbar agieren konnte.

Eine wichtige Gemeinsamkeit der Oppositionsentwicklung in der DDR mit jener in der Tschechoslowakei nach der „Normalisierung“, also mit der bedeutenden Rolle der Subkultur einerseits und der Reorganisation der Opposition in der Charta ’77 andererseits, aber auch mit der ungarischen Opposition war, dass alle drei im Unterschied zu Polen nicht auf Massenrevolten und Massenbewegungen aufbauen konnten. Ein wesentlicher Unterschied der DDR-Opposition speziell in den achtziger Jahren zum Oppositionstyp der Charta war der weitgehende Ausfall von bekannten Intellektuellen für das Entstehen einer autonomen politisch-kritischen Öffentlichkeit in der DDR. Die komplexen Gründe für die Entwicklung der DDR-Intelligenz insgesamt, auf deren kulturoppositionellen Aktivitäten in den siebziger Jahren und deren Scheitern weiter unten eingegangen wird, können hier nicht behandelt werden, fünf Gründe seien aber stichwortartig angedeutet: a) die historische Selektion der DDR-Intelligenz durch die deutsche Teilung bis 1961, b) eine äußerst rigide Selektion auf den höheren Bildungswegen und die rabiate Disziplinierung von ideologischen Abweichungen, c) eine technische Qualifizierung der Parteiintelligenz in den sechziger Jahren und eine kulturelle Modernisierung der DDR in den siebziger Jahren sowie d) die endgültige soziale Schließung der DDR-Gesellschaft durch die Selbstrekrutierung der Parteiintelligenz seit dem Ende der siebziger Jahre. e) Zudem hatte es in der DDR nach dem Mauerbau keinen derart brutalen und vor allem derart massenhaften Bruch mit der Intelligenz, eben auch mit großen Teilen der Parteiintelligenz, gegeben, wie in der CSSR durch die Säuberungswelle der „Überprüfungen“ Anfang der siebziger Jahre, die nach meinem Kenntnisstand dort rund eine Million Menschen betraf, wenn man die Familien mitzählt. In der DDR hatte zwar das berüchtigte 11. ZK-Plenum im Herbst 1965 mit der kritischen Intelligenz abgerechnet, um jenen Entwicklungen vorzubeugen, die in der CSSR zum Prager Frühling führten. Das schlug sich etwa darin nieder, dass ein ganzer Jahrgang der Produktion von DEFA-Spielfilmen in den Archiven verschwand und zahlreiche Künstler wie Stefan Heym, Wolf Biermann oder Christa Wolf gemaßregelt wurden.[7] Doch waren davon nicht nur unvergleichlich viel weniger Personen betroffen als von den „Überprüfungen“ in der CSSR, hinzu kam auch, dass gleichzeitig Teile der technischen und wissenschaftlichen Intelligenz im Zuge der technokratischen „Reformen“ Walter Ulbrichts einen Aufschwung erfuhren. Wichtige Besonderheiten, die die DDR-Opposition vor allem seit den siebziger Jahren prägten, hingen also damit zusammen, dass sowohl Arbeiterrebellionen wie in Polen ausfielen, als auch eine nennenswerten Schicht von Intellektuellen, insbesondere auch relevante Teile der geisteswissenschaftlichen Intelligenz die Entwicklung der Opposition in den achtziger Jahren nicht mehr beförderte.

Andererseits kann die DDR überhaupt nicht verstanden werden ohne die permanente Präsenz der westdeutschen medialen Öffentlichkeit, die von Anfang an quasi als interne Gegenöffentlichkeit der DDR agierte. Spätestens jeden Abend traten 90% der DDR-Bürger mit der „Tagesschau“, der bis heute ersten Adresse des deutschen TV-Nachrichten-Journalismus, kollektiv nach Westdeutschland über, um sich zu informieren. Die Bedeutung dieses Faktors mag ein Beispiel erläutern: Als in jenen Gebieten der DDR, die aus geografisch-technischen Gründen keine Westsender empfangen konnten, in den achtziger Jahren die Zahl der Ausreiseanträge nach Westdeutschland besonders hoch anstieg, gestattete das SED-Regime sogar die private Installation von Sattelitenschüsseln, um die Menschen mittels Empfang von West-TV am davonlaufen zu hindern.

Unter diesen Voraussetzungen der über lange Jahre sehr engen polizeistaatlichen Durchherrschung der DDR-Gesellschaft, dem Ausfall relevanter Teile der Intelligenz und der traditionellen Kerne der Industriearbeiterschaft sowie der gleichzeitigen permanenten Präsenz der westdeutschen Gegen-Öffentlichkeit konnte sich nur langsam eine Opposition und eine  eigenständige DDR-Öffentlichkeit heraus bilden, die versuchte, nicht nur Anhängsel und Spielball der westdeutschen Medien und Politik zu sein, obgleich sie stets auch auf sie angewiesen war.

Damit bin ich bei einem Problem, welches im Grundsatz bekannt ist und dass ich hier im Detail nicht behandeln kann, obwohl es doch alle Aspekte mit beeinflusst, die ich vorstellen möchte: Die DDR hatte eine Doppelnatur. Sie war in spezifischer Weise gleichzeitig sowohl ein Teil der geteilten deutschen Nachkriegsgesellschaft, wie des politischen und ökonomischen Osteuropas.[8] Dieser Widerspruch prägte auch die DDR-Opposition selbst, auch sie hatte diese Doppelnatur. Mit einem Bein stand sie in den Zirkeln der systemkritischen Opposition und der alternativen Bewegungen im Westen,[9] denn als Ansammlung von Nonkonformisten in der DDR sah sie ihre „Referenzgruppe“ (um diesen Ausdruck der Sozialpsychologie zu verwenden) nicht in den Konformisten und Etablierten  hinter der Mauer. Andererseits stand sie mit dem anderen Bein von Anfang an bei den Nonkonformisten in den Ländern des sowjetischen Imperiums und verfolgte jede ihrer Regungen. Die Entwicklung dieser beiden Oppositionen haben deshalb in spezifischer Weise natürlich auch einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der DDR-Opposition ausgeübt, wenn auch nicht unmittelbar. Ein weiterer Gesichtspunkt, der mit dieser Doppelnatur verbunden ist und unbedingt erwähnt werden muss, wurde für die DDR und ihre Opposition sehr bestimmend: Die mehr oder minder permanente Abwanderung des kritischen Potentials der DDR-Gesellschaft nach Westdeutschland und die damit verbundenen Selektions- und generativen Umschichtungsprozesse. Für die SED war die Auswanderung von Menschen, die sich kritisch engagierten seit den siebziger Jahren das kleinere Übel und in angespannten innenpolitischen Situationen eine sichere Methode, um den „Druck im Kessel“ zu senken.

Im Folgenden möchte ich nun drei Aspekte der Neuentstehung und Entwicklung der DDR-Opposition und ihrer „Solidarität mit Prag“ vorstellen:

  1. Das Jahr 1968 und seine Bedeutung für die Entwicklung einer neuen Opposition in der DDR nach dem Mauerbau.

 Wegen der Aufnahme deutscher Antifaschisten aller Richtungen in den dreißiger Jahren spielte die Tschechoslowakei für die antifaschistischen Remigranten in der DDR und für die antifaschistische Intelligenz eine ausgesprochen positive Rolle. Auch die in der sowjetischen Besatzungszone gelandeten Vertriebenen, die im Zuge des „antifaschistischen Neuanfangs“ in der DDR blieben oder gar im Staatsapparat aufstiegen, spielten eine auf Ausgleich mit der Tschechoslowakei bedachte Rolle, während kritische Stimmen an der Vertreibungspolitik der Nachkriegs-Tschechoslowakei unterdrückt wurden oder in den Westen flohen. Die stalinistischen Terror-Prozesse in der Tschechoslowakei, über die man aus dem RIAS[10] in der DDR gut informiert war, förderten gerade bei Kritikern des Ulbricht-Regimes schon in den fünfziger Jahren die Stimmung einer gemeinsamen Opfer-Situation gegenüber der sowjetischen Politik. Bereits in den sechziger Jahren entstand nicht nur in der offiziellen SED-Politik gegenüber dem „Bruderstaat“, sondern auch in grossen Teilen der Bevölkerung, zu mindestens in der Intelligenz und in der Jugend, eine positive Grundstimmung gegenüber der Tschechoslowakei. Die Jugend begann die in den sechziger Jahren neuen Reisemöglichkeiten nach Prag, Warschau und Budapest massiv zu nutzen und genoss die dortige grössere Freizügigkeit in der Kultur. Die kritische Intelligenz der DDR, die stark vom „56er-Revisionismus“ geprägt war, fand in den sechziger Jahren im kulturellen Aufbruch und in den beginnenden Reformen der Tschechoslowakei starke Referenzbezüge zu ihren eigenen Bedürfnissen: Als Stichworte mögen die Kafka-Konferenz und die „neue Welle“ des tschechischen Films reichen, den man in Berlin im dortigen CSSR-Kulturzentrum bewunderte. Filmklubs aus anderen Städten wie Jena fuhren nach Berlin, um sich diese Filme anzuschauen. Deshalb war es auch kein Zufall, dass der DDR-Schriftsteller Stefan Heym gerade in der „Kulturni Zivot“ Bratislavas zu Zeiten des berüchtigten 11. Kahlschlag-Plenums des SED-ZK im November 1965 seinen schönen Satz schrieb: „Die Wahrheit ist mehr als eine hübsche Statue in einem friedlichen Bürgerpark“, mit dem er die Parteiergreifung der Schriftsteller für die Wahrheit nicht nur – wie offiziell deklamiert wurde – im kapitalistischen Westen einforderte, sondern vor allem in ihrer eigenen Gesellschaftsordnung.[11]  Obgleich Heym hier nur für die Schriftsteller sprach, war diese Aufforderung über Ländergrenzen hinweg doch typisch für das damalige Denken vieler Intellektueller.

So war es auch überhaupt nicht verwunderlich, dass in der DDR die Intelligenz von Anfang an stark mit dem Prager Frühling sympathisierte.[12] Je mehr sich der dortige Demokratisierungsprozess beschleunigte und entsprechend die Drohungen aus Ostberlin, Warschau und Moskau immer massiver wurden, so dass auch das „einfache Volk“ in der DDR sich von der Ernsthaftigkeit des Demokratisierungsprozesses in der Tschechoslowakei überzeugen konnte, erreichten die Sympathien auch die Arbeiterschaft.[13] Dennoch gab es aus allen Schichten der Gesellschaft, vorrangig übrigens bei Arbeitern, Proteste gegen die militärische Intervention der fünf Warschauer-Pakt-Staaten und gegen die Beteiligung der DDR daran. Diese Proteste waren umfangreicher selbst als diejenigen gegen den Mauerbau 1961. Da die Proteste jedoch zersplittert geschahen und damals das Informationsmonopol des Staates noch funktionierte, wurde über das Ausmass der Proteste nur gerüchteweise in der DDR selbst etwas bekannt, während in den West- wie Ostmedien nur die Proteste einiger Intellektuellenkinder erwähnt wurden. Die Stasi registrierte immerhin 2.129 Protestbekundungen, wovon sie 1.360 zu den „wesentlichen Vorkommnissen“ zählte. Dazu gehörten beispielsweise 1.690 „Hetzlosungen“ und die „Verbreitung selbstgefertigter Hetzschriften“, insgesamt rund 10.000 Stück. 74 mal gab es den Versuch von organisierten Demonstrations- und Kundgebungsversuchen.[14] Nach Einschätzung derStasi waren diese Proteste im Ausmass und in ihrer Gefährlichkeit grösser als diejenigen gegen den Mauerbau 1961.[15] Ein sehr wichtiger Aspekt dieser Proteste, der auch etwas über die Diskussionen der DDR-Bevölkerung jener Tage aussagt, bestand darin, dass – nicht nur von der Intelligenz, sondern auch in den Betrieben – immer wieder Vergleiche mit der Nazi-Okkupation 1938 angestellt und entsprechende Anklagen erhoben wurden. Ebenso stark waren  Proteste, die den Einmarsch als Verrat am Sozialismus verurteilten.[16]

Obwohl das Jahr 1968 rein äußerlich in der DDR sehr ruhig blieb, weil die hochgerüstete Diktatur alles unter Kontrolle hatte und beispielsweise Flugblätter sehr schnell einsammelte und Mauerlosungen rasch überpinselte, hat dieses Jahr auch für die Geschichte der DDR einen Schlüsselcharakter.[17] Und zwar aus drei Gründen:

  1. Die Unterdrückung der Proteste und der massive Druck in den Betrieben, wo „Provokateure“ rasch verhaftet wurden führte zum endgültigen Ende eines traditionell-kollektiven Arbeiterwiderstandes in den Betrieben, der sich 1968 noch rudimentär gezeigt hatte, so, wenn Arbeitergruppen kollektiv und lautstark auf Betriebsversammlungen protestierten und Unterschriften unter „Zustimmungserklärungen“ verweigerten. Als ab 1971 Honecker mit seinen Zugeständnissen in der Sozial- und Konsumpolitik hinzu kam, führte diese Kombination von Zwang und Bedürfnisbefriedigung zu einem versorgungsdiktatorischen Herrschaftskompromiss, der sich in einem vormundschaftlichen Sozialstaat niederschlug und der erst am Ende der achtziger Jahre zerbrach. Die gesellschaftspolitische Atomisierung der Arbeiterschaft wurde nach 1968 vollendet. Als kollektiver Akteur in traditioneller Form fiel sie für die neue Oppositionsbildung in den siebziger Jahren aus.
  1. In der Zeit um 1968 bildeten sich aus einer neuen Generation heraus auch Milieus, die erste Ansätze einer politischen Organisation wieder hervorbrachten. So registrierte die Stasi mehrfach politische Gruppenbildungen, die insbesondere bei den Protesten gegen die Intervention in der CSSR mit Flugblättern hervortraten.[18] Während diese kleinen konspirativen Gruppen von der Stasi rasch zerschlagen wurden, kann von den damals entstandenen kritisch-oppositionellen Milieus eine Kontinuität bis zum Herbst 1989 festgestellt werden, auch bei einer Reihe von Personen, die 1989 in der demokratischen Revolution eine wichtige Rolle in der Opposition spielten.[19] Sie hatten 1968 ihre oppositionelle „Initiation“ erhalten, die für ihr Leben prägend wurde. Allerdings hatten gerade jene Milieus, aus denen die neuen politischen Gruppenbildungen hervorgegangen waren, häufig nicht erst mit dem Prager Frühling einen Politisierungsprozess durchgemacht, in welchem aus einem diffusen vorpolitischen Konfliktverhalten gegenüber dem Regime ein politisches Verständnis der gesellschaftlichen Probleme erwuchs. In der Regel standen sie bereits unter dem Einfluss der westlichen und insbesondere der westdeutschen Jugendrevolte, die gerade in (West-)Deutschland 1967 eskalierte und via Medien auch die jungen Leute im Osten erreichte. Sie verfolgten aber auch den Streit Moskaus und Ostberlins mit Peking. Gerade bei den jugendlichen Protestmilieus kreuzten sich sowohl die subkulturellen Aufbrüche der Beat-Generation als auch die linken politischen Ideologien jener Jahre. Die antistalinistische und antibürokratische Revolte im Osten und die antikapitalistische im Westen erschienen hier als zwei Seiten einer Medaille. Rudi Dutschke[20] im Westen und Alexander Dubcek im Osten waren ihre Idole. Für sie gab es deshalb ein zweifaches 1968. Diesem Zeitgeist entsprechend klangen die Namen der von der Stasi registrierten Gruppen, die auch gegen die Intervention protestierten: „Aktionskomitee Berlin der Schüler und Studenten, „Bund der Gerechten“ oder SDS-DDR“, als Anlehnung an den „Sozialistischen Deutschen Studentenbund“, der 1968 in Westdeutschland und Westberlin an der Spitze der radikalen Studenten stand.[21]
  1. Oppositionsbildung in den siebziger Jahren und ihre Gestalt

 Drei politische bzw. kulturelle Ströme verbanden sich seit der Zeit um 1968 schrittweise zu einer neuen Opposition.[22] Das waren

  1. a) Die staatsnahe kritisch-marxistische Intelligenz im Zeichen des „56er-Revisionismus“ und des Reformkommunismus. Ihre wichtigsten Sprecher waren vor allem Robert Havemann und – bis zu dessen Ausbürgerung im November 1976 – Wolf Biermann, die seit den sechziger Jahren und über die siebziger Jahre hinweg bis zum Tode Robert Havemanns im Jahre 1982 gleichsam zu den Stimmen der DDR-Opposition wurden. Zu diesem Spektrum gehörte auch Rudolf Bhro, der 1977 durch sein im Westen veröffentlichtes Buch „Die Alternative. Zur Kritik des realexistierenden Sozialismus“ bekannt wurde.Ihre größte Anhängerschaft hatte sie unter der künstlerischen Intelligenz, aber auch unter Theologen und Wissenschaftlern, vor allem jüngeren Naturwissenschaftlern. Aus den Reihen dieser kritisch-marxistischen Intelligenz ging unter dem Einfluss des „doppelten 1968“ auch eine junge Generation von Akademikern hervor, die in den siebziger Jahren und z.T. in den Achtzigern oppositionell-politisch aktiv werden sollte. Neben Theologen und christlichen Naturwissenschaftlern war auch eine – allerdings der Zahl nach sehr klein gebliebene – Gruppe von gesellschaftswissenschaftlich Ausgebildeten, die in den siebziger Jahren aktiv wurde.
  1. b) Den zweiten Strang bildete die evangelische Jugend. Sie war seit den fünfziger Jahren pazifistisch geprägt, als sie sich gegen die Wiederaufrüstung in Ost- und Westdeutschland richtete. Aus ihr gingen seit 1962 auch die „Bausoldaten“ hervor, eine DDR-spezifische Variante der Wehrdienstverweigerung.[23] Von den Bausoldaten führt eine direkte Linie zum christlich-pazifistischen Flügel in der unabhängigen Friedensbewegung in den achtziger Jahren. In den Jungen Gemeinden sowie den Evangelischen Studentengemeinden wurde – dem Zeitgeist in den sechziger Jahren folgend – über die westliche Jugendrevolte oder – vor allem von der jungen protestantischen Intelligenz – ebenso wie von der jungen marxistischen Intelligenz über Existenzialismus und über den jungen Marx, über Kafka und die Entfremdung diskutiert. In der Diskussion über die „Theologie der Revolution“ fand dieser Zeitgeist seinen entsprechenden theologischen Niederschlag, so, wie auch in der linken Theologie Westdeutschlands.[24] In den siebziger und achtziger Jahren fanden solche Debatten ihre Fortsetzung in den Diskussionen über die lateinamerikanische „Theologie der Befreiung“. In der christlichen Jugend der sechziger Jahre finden wir auch christliche orientierte Naturwissenschaftler sowie junge Theologen, die in den siebziger und achtziger Jahren – auch 1989 – eine wichtige Rolle in der Opposition übernehmen.                    1 c) Trotz ihres auch die beiden anderen Strömungen durchdringenden Charakters muss als dennoch eigenständige Komponente der Neuentstehung von Opposition nach dem Mauerbau die sich seit den sechziger Jahren mit der Beatrevolte herausbildende und sich später ausdifferenzierende jugendliche Subkultur genannt werden. An Stelle von Massenrevolten der Arbeiterschaft oder anderer sozialer Gruppen wurde sie gleichsam zur Massenbasis oppositioneller Formierungsprozesse. Bereits seit 1965, als das Regime einen drastischen Kurs gegen die Beatkultur zu führen begann, kam es immer wieder zu Jugendrevolten, die stets in politische Attacken gegen das Regime umschlugen, so unpolitisch auch ihr Anlass gewesen sein mochte. Ihren Höhepunkt auch an öffentlicher Wahrnehmung fanden sie am 7. Oktober 1977, als es während der Feiern zum DDR-Staatsfeiertag eine stundenlange gewalttätige Auseinandersetzung zwischen hunderten Jugendlichen und der Polizei auf dem Alexanderplatz in Berlin gab. Hiervon gab es noch keine Bilder in westlichen Medien. Als zehn Jahre später unter den Linden ähnliche Auseinandersetzungen stattfanden und die Jugendlichen „Gorbi-Gorbi“ oder „Freiheit“ riefen, gingen die Bilder bereits um die Welt. Die jugendkulturellen Konflikte mit dem Staat schufen seit den sechziger Jahren stets aufs Neue den Nachwuchs für die Opposition. Wegen der Abwanderung des kritischen Potentials in den Westen blieb die DDR-Opposition auf diese Weise immer jung.

Entscheidend für die Neuentstehung von Opposition nach dem Mauerbau war, dass sich seit 1968 in einem schrittweisen Prozess diese unterschiedlichen ideologischen und kulturellen Bewegungen begannen, zu überlappen und Verbindungen einzugehen. Beispielsweise entstand schon 1968 durch die Initiative von selbst sehr unkonventionellen  „68er-Pfarrern“ die OFFENE ARBEIT in der evangelischen Kirche, die sich an die an die langhaarigen Jugendlichen wandte, die nicht nur vom Staat, sondern auch von den konservativen Christen und Kirchenfunktionären ausgegrenzt wurden. Die OFFENE ARBEIT, die bis 1989 eine radikale Funktion innerhalb der Opposition spielte und die es noch heute gibt, wurde in den siebziger Jahren zu einem wichtigen Ort von Oppositionsbildung. Durch diese und weitere Initiativen vor allem von Jugendpfarrern wurde  die evangelische Kirche selbst überhaupt erst soweit verändert, dass sie sich auch für Nicht-Christen und gar für oppositionelle Marxisten öffnete.  

Doch zunächst dominierte innerhalb der entstehenden Opposition nicht das kirchennahe Feld, vielmehr kam es Anfang der siebziger Jahre zur Entstehung der sogenannten Kulturopposition im Umfeld der staatsnahen kritisch-marxistischen Opposition. Eine wichtige Voraussetzung hierfür war gerade mit jenem 8. SED-Parteitag 1971 geschaffen worden, auf dem Honecker als Generalsekretär installiert wurde und auf dem er eine Art „innerer Entspannungspolitik“ sowohl gegenüber den Arbeitern, als auch gegenüber der Intelligenz und gegenüber der Jugend durchsetzte. Nach Jahren einer massiven Drangsalierung und einer Verprellung aller drei Gruppen seit 1965 bedeutete Honeckers Politik ein Stück weit eine Art „Liberalisierung“. Beatkultur zum Beispiel wurde nicht mehr per sé verfolgt, sondern partiell zu integrieren versucht. Sogar West-Radio-Hören wurde gewissermaßen offiziell geduldet, wo in den sechziger Jahren noch Menschen verurteilt worden waren, weil sie gemeinsam in Privaträumen solches taten. Zudem wurden nunmehr die sozialen und Konsumbedürfnisse der Massen stärker berücksichtigt. Künstler sollten alles sagen können, wenn sie vom „Standpunkt des Sozialismus aus“ argumentierten.

Honecker wurde beim Wort genommen und eine Reihe Bücher von DDR-Autoren wurden  veröffentlicht, die lange nicht erscheinen durften Es entstanden aber auch neue kritische Werke. Ebenso wichtig war jedoch, dass nun Hunderte von Jugend- und Kulturklubs entstanden, die zum Auftrittsort für Teile der kritischen Intelligenz wurden, die hier eine wenn auch quantitativ wie inhaltlich begrenzte Öffentlichkeit fanden. Dort wurde  mit dem Publikum nun begonnen, über gesellschaftliche Grundsatzfragen zu diskutieren.[25] Hinzu kam, dass die Arbeiter in den Betrieben zwar politisch verstummten, aber außerhalb der Betriebe lotete jener Teil von ihnen jedoch neuen Möglichkeiten aus, der jung war und sich der Beatkultur zurechnete. Es entstand DDR-weit eine nach Tausenden zählende Szene von Hippies oder „Bluesern“[26]. Zum Idol der Jugend wurde Anfang der siebziger jedoch die Rock-Gruppe „Renft“, die auch in der jungen Intelligenz gehört wurde, ob marxistisch oder christlich. Sie war zwar musikalisch geradezu eine Art Gegenteil, aber in ihrer Bedeutung wahrscheinlich mit Plastic People“ in der CSSR vergleichbar. Denn zum wichtigsten Texter der Gruppe wurde der Freund von Wolf Biermann und Jürgen Fuchs: Gerulf Pannach.

Zu diesem Feld von subkultureller und begrenzt-kritischer Kultur-Öffentlichkeit hinzu kam nicht nur die OFFENE ARBEIT, sondern nun begannen sich auch erstmals die Bausoldaten regelmässig zu treffen und einen dauerhaften Kommunikationszusammenhang herzustellen.

Während in dieser Zeit in der begrenzten und immer wieder umkämpften Öffentlichkeit  staatlicher Kultureinrichtungen weltliche Grundsatzfragen diskutiert werden konnten und sich das neue Phänomen abzeichnete, dass man dies auch in den Räumen der OFFEN ARBEIT der evangelischen Kirche tun konnte, wirkte alles zusammengenommen wie ein Aufschwung des selbständigen Denkens in den kritischen Teilen der Jugend und der Intelligenz, stark versetzt mit einer kulturellen Veränderung.[27]

In diesem Umfeld und vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, dass sich aus den seit 1968 ausgeweiteten oppositionellen Milieus insbesondere seit 1972/73 im Umfeld von akademischen Einrichtungen sowie von kulturoppositionellen und zum Teil auch evangelischer Bildungseinrichtungen sowohl autonome Bildungskreise als auch kleine konspirative oppositionelle Zirkel und Gruppen bildeten. Erstere versuchten ohne unmittelbaren  politischen Anspruch vor allem als autonome Bildungsveranstaltungen zu fungieren, um staatlich nicht vermittelte Bildung anzueignen.[28] Letztere vertraten direkt politische Ansprüche, hatten jedoch unterschiedliche Schwerpunkte. Einige, aus dem akademischen Milieu stammende Zirkel versuchten eine alternative Theorie des Sozialismus zu entwickeln, um sie dann illegal zu publizieren.[29] Andere diskutieren zwar ebenfalls über politisch-theoretische Fragen, waren aber aktionsorientiert. Und ihr wichtigstes Aktionsfeld bildeten vorrangig die Veranstaltungen in den Klubs der kulturoppositionellen Öffentlichkeit.[30] Eine andere Gruppe baute über Jahre hinweg eine Untergrundbibliothek auf, mit der sie verschiedene oppositionelle Gruppen in verschiedenen Städten der DDR mit politischer Literatur versorgte, die sie aus dem Westen einschmuggelte.[31]

Um diese komplizierte Gemengelange, die sich in den siebziger Jahren noch erheblich von der in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre unterschied, verständlich zu machen: Man konnte für die Weitergabe „staatsfeindlicher“ Bücher und erst Recht für das Schreiben staatsfeindlicher Texte für Jahre im Gefängnis verschwinden. Die illegale Einfuhr solcher Bücher setzte zudem den Kontakt zu Personen oder Gruppen im Westen voraus, die als imperialistische „Feindzentralen“ galten. Und solche Kontakte wurden immer noch massiv verfolgt. Um ein Beispiel zu nennen: Rudolf Bahro bekam allein für die Veröffentlichung seines Buches „Die Alternative“ noch 1978 acht Jahre Haft. Und diejenigen, die solche Gruppen bildeten rechneten jedenfalls im Falle des „Auffliegens“ mit einigen Jahren Haft. Ein wichtiger Teil derjenigen, die dann tatsächlich in Haft gingen, wurden allerdings zumeist vorzeitig aus der Haft in den Westen entlassen. Dann aber waren sie keine Inlandsopposition mehr. Die Oppositionsbildung befand sich in den siebziger Jahren noch in einer Phase, wo eine grundsätzliche Kritik der stalinistischen Diktaturen, so sie die wenigen Aktiven nicht direkt ins Gefängnis und dann sehr oft in den Westen bringen sollte, nur konspirativ formuliert werden konnte. Auch die Diskussion über politische Detailkritiken konnte öffentlich noch nicht formuliert werden, ohne zu politischer Haft zu führen. So erschien die öffentlich geäußerte Kritik in der DDR zaghaft, dennoch stellte sie das Deutungsmonopol der Parteispitze in Frage.

  1. Zur Bedeutung von Charta ’77 für die DDR-Opposition in den siebziger Jahren

 Als Anfang Januar 1977 die Gründung der Charta von den Westmedien bekannt gegeben wurde, befanden sich die DDR und ihre oppositionellen Geister in einem sehr aufgewühlten politischen Zustand. 1976 waren wichtige kulturoppositionelle Veranstaltungsreihen, die zugleich als Sammelpunkt kritischer und oppositioneller Geister fungiert hatten, nach langen Auseinandersetzungen mit den Behörden vom Staat verboten worden, da sie nicht mehr zu kontrollieren waren. So auch die erwähnte Veranstaltungsreihe „Kramladen“, die von Bettina Wegner und Klaus Schlesinger organisiert worden war. In solche Auseinandersetzungen hinein fiel im Juni 1976 die in spektakulärer Weise erfolgte öffentliche Selbstverbrennung  des Pfarrers Otto Brüsewitz, der mit seiner Tat gegen die Kirchenpolitik des atheistischen Staates protestieren wollte. Die zynische Reaktion des Parteistaates in einem Artikel des „Neuen Deutschland“ hatte Oppositionelle in der Hauptstadt zu einer Protestaktion bewogen. Sie wollten einen Offenen Brief gegen diesen Staats-Zynismus veröffentlichen. Deshalb waren wichtige Personen der hauptstädtischen Kulturopposition wie Rupert Schröter oder Rudi Molt, die aber zugleich in illegalen Gruppen engagiert waren und die Veranstaltungen vor allem als Tribüne der Öffentlichkeit benutzt hatten, verhaftet worden. Nach vielen Jahren des Auftrittsverbotes hatte Im September 1976 Wolf Biermann erstmals nicht mehr in der Wohnstube gesungen, sondern in einer DDR-Kirche vor einem großen Publikum, wo er sich für ein progressives Bündnis oppositioneller Marxisten und Christen eingesetzt hatte. War dieser Vorgang selbst schon bedeutend für die weitere Entwicklung der Opposition, so wurde sie noch überboten durch Biermanns Ausbürgerung am 16. November 1976 während seiner Tournee für die westdeutsche Industriegewerkschaft Metall. Zu gefährlich erschien dem Regime das sich immer mehr öffentlich artikulierende oppositionelle Potential, welches durch ein sich abzeichnendes Bündnis oppositioneller Marxisten und Christen noch an erheblicher Sprengkraft gewonnen hätte. So wurde der lang schon gehegte Plan in die Tat umgesetzt und Biermann ausgebürgert. War eine solche Tat immer schon schändlich, so war sie auf deutschem Boden ungeheuerlich. Die letzte Ausbürgerung davor hatten die Nazi’s unternommen mit den Ausbürgerungen deutscher Antifaschisten und deutscher Intellektueller. Als Massnahme eines Staates, der von sich behauptete, den Antifaschismus gepachtet zu haben, erreichte die Empörung über diese Massnahme des  Regimes selbst jene seiner treuen Anhänger, die diesen Anspruch ernst nahmen.

Erstmals hatten es darauf hin zwölf bekannte DDR-Intellektuelle gewagt, kollektiv gegen die Parteistaatspolitik öffentlich zu protestieren, in dem sie ihre Erklärung westlichen Medien übergaben. Obgleich die Erklärung selbst relativ harmlos war, bedeutete der Vorgang jedoch ein kleines  Erdbeben, etwas Vergleichbares war seit 1956 nicht mehr vorgekommen und einen öffentlichen kollektiven Protest von Schriftstellern hatte es noch nie gegeben. Ebenso wichtig wie die Erklärung selbst war aber, dass sich dieser kollektive Akt der Aufsässigkeit sofort zu verselbständigen begann. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Erklärung. Zahlreiche Künstler schlossen sich dem Protest an und sammelten mehrere Hundert Unterschriften. In verschiedenen Städten wie Berlin, Jena oder Leipzig wurden auch von politischen Aktivisten Unterschriften unter das Dokument der Schriftsteller gesammelt, also auch hier öffentlicher Protest hergestellt. In Jena zogen Oppositionelle gar vor die Werkstore des Kombinates Carl Zeiss Jena, um Unterschriften zu sammeln.[32] Wichtige Akteure der Organisation des Protestes wie die Biermann-Freunde Jürgen Fuchs und die Bandmitglieder der Gruppe „Renft“ Gerulf  Pannach und Christian Kunert sowie zahlreiche Aktivisten in mehreren Städten wurden verhaftet. Den wichtigsten Aderlass hatte Jena zu verzeichnen. Hier wurden die wichtigsten Akteure der oppositionellen Szene wie der Jugenddiakon und Kopf der dortigen OFFENEN ARBEIT  Thomas Auerbach oder der politische Aktivist und Fotograf Bernd Markowski verhaftet. Wie die anderen Genannten wurden sie anschließend aus dem Gefängnis in den Westen exportiert.

Vor diesem Hintergrund zugespitzter innenpolitischer Auseinandersetzungen in der DDR selbst erschien die Gründung der Charta ’77 zunächst vor allem als Bestätigung der Richtigkeit des eigenen Engagement im oppositionellen Sinne und als eine Stärkung des Willens, sich nicht unterkriegen zu lassen. Die Gründung von Charta ’77 bedeutete vor allem Ermutigung. Waren doch den meisten kritischen Geistern in der DDR die drakonischen  Verfolgungsmaßnahmen gegen Oppositionelle in der CSSR aus den Westmedien im Grundsatz bekannt. Und für die schon länger politisch Engagierten, die systematisch illegale Literatur über die osteuropäische Opposition beschafften und etwa aus illegaler Literatur wie dem von Rudi Dutschke und anderen herausgegebenen Band „Fünf Jahre ‚Normalisierung’“ und anderen Texten im Grundriss schon länger über die Situation in der CSSR informiert waren, denen erschien die Gründung von Charta vor allem als Ausdruck dafür, dass sich die Opposition nach der schweren Niederlage der „Normalisierung“ und der Zersplitterung und Exilierung politisch wieder stabilisiert hatte.

Doch machte die Gründung von Charta jedoch auch die völlig andere Situation in der CSSR gegenüber jener in der DDR deutlich. Der vergleichsweise harmlose Text der zwölf gegen die Biermann-Ausbürgerung protestierenden Künstler und die unter Druck zum Teil wieder zurückgezogenen Unterschriften machten deutlich, dass es eine grundsätzliche und sich organisierende Opposition auf der Ebene der bekannten Intellektuellen nicht gab und geben würde. Schlimmer noch: die protestierenden Intellektuellen schreckten vor der Ausweitung des Protestes zurück, den sie selbst angestoßen hatten. Für die DDR erschien bereits dieser begrenzte Schritt der kollektiven und öffentlichen Kritik von Schriftstellern an der  Biermannausbürgerung ein ungeheurer Schritt vorwärts hin zur selbständigen und öffentlichen Aktion in der Zukunft. Doch kehrte sie sich ins Gegenteil. Da eine tatsächlich politisch Opposition, die auch Grundsatzfragen des Charakters des Regimes und der Möglichkeiten seiner Veränderung und Überwindung diskutierte, nur konspirativ auf kleinstem Zirkel-Niveau agieren konnte, war eine praktische Solidarität mit der Charta zu diesem Zeitpunkt fast unmöglich. So bestand die wichtigste Aufgabe in einer moralischen Solidarität und vor allem in dem Versuch, die Texte der Charta zu verbreiten. Doch wie konnte das unter Umständen geschehen, wo die Verbreitung von Texten der Charta als staatsfeindliche Hetze mit Haftstrafen geahndet wurde? 

Dafür möchte ich zwei Beispiele nennen. Das eine ist etwas bekannter geworden, das andere völlig unbekannt. Insbesondere der Schriftsteller Jürgen Fuchs unterhielt nach seinem  Weggang in die BRD über Petr Uhl enge Beziehungen zur Charta ’77 und vermittelte sein Know how dieses Kontaktes auch an seine in der DDR gebliebenen Freunde. So war in Jena zwar ein wichtiger Teil der bisherigen oppositionellen Akteure vom Staat durch Verhaftung und Westexport entfernt und bisherige Gruppenstrukturen damit zerstört worden. Doch das Milieu blieb erhalten und reorganisierte sich. Aus diesem Kreis unterhielt nun Renate  Elmenreich über mehrere Jahre den Kontakt zur Charta über Peter Uhl. Auf diese Weise waren in Jena die Texte der Charta für Oppositionelle verfügbar.

Eine zweite Variante ist jedoch ebenso typisch und charakterisiert die damalige Realität sogar noch besser. Eine kleine Gruppe im Umfeld der Aktion Sühnezeichen[33] um Ludwig Mehlhorn in Berlin, deren Kontakte in die CSSR über kirchliche Kanäle offiziell abgedeckt waren, begann Ende 1976 polnische Texte des KOR und Anfang 1977 Charta-Texte streng  konspirativ zu beschaffen und ins Deutsche zu übersetzen. Nur eine Handvoll Menschen war an der Beschaffung und an der Übersetzung der Texte beteiligt. Über ein illegales Netzwerk von persönlichen Beziehungen wurden mehrere Gruppen und Personen in der DDR mit Schreibmaschine-Kopien dieser Texte versorgt. Die Charta-Erklärungen erhielt auch eine eng mit der Berliner Gruppe zusammenarbeitende konspirative Gruppe von Theologie-Studenten in Leipzig.[34] Diese arbeitete ihrerseits mit einem illegalen Zirkel von Marxisten in Leipzig zusammen und übergab ihm die Charta-Texte. Da dieser Zirkel Leipziger Marxisten seinerseits ein Ableger einer Gruppe war, die auch in Berlin selbst zwei Zirkel organisierte, landeten die Charta-Texte letztendlich wieder in Berlin, ohne dass sich die Produzenten und Konsumenten der Texte kannten. Hier wurden die Schreibmaschine-Kopien der Charta-Texte später von der Stasi gesichert. Die zuletzt genannte Gruppe hatte ihrerseits keine Kontakte zur Charta, aber zur polnischen Opposition.[35] 

Gerade das zuletzt genannte Beispiel macht sowohl die Schwierigkeiten, als auch das Niveau deutlich, auf dem sich die DDR-Opposition in jener Zeit befand, als sich Charta gründete. Allerdings wurden solche Schwierigkeiten, wie sie hier gezeigt wurden, immer wieder auch dadurch kompensiert, dass in der Bundesrepublik vieles von dem leichter beschaffbar erschien, als im direkten Kontakt mit den Oppositionellen in der CSSR und anderen Ostblockländern. Und in der Tat, nur wenige Monate nach den eben beschriebenen Vorgängen, nämlich im November 1977 wurden in Westdeutschland zwei Bücher gedruckt, die die wichtigsten Texte der Charta enthielten:

Zum einen das von Jiri Pelikan und Manfred Wilke herausgegebene 1. Jahrbuch zu Osteuropa mit dem Schwerpunkt Menschenrechte. Zum gleichen Zeitpunkt erschien der von Hans-Peter Riese herausgegebene Sammelband: Bürgerinitiative für die Menschenrechte, der speziell die Charta-Dokumente publizierte. Beide Bände fanden in den Folgejahren durch illegale Einfuhr in die DDR weit mehr Leserinnen und Leser, als die maschinegeschriebenen mühselig  hergestellten Übersetzungen, die aber, wie gezeigt,  bereits im Frühjahr 1977 einem sehr viel kleinen Kreis von konspirativ agierenden Oppositionellen zur Verfügung standen.

An diesem Beispiel dürfte auch für tschechische Leser deutlich werden, dass ein „hoher Preis“ an staatlichern Sanktionen für die mühselige Text-Beschaffung und kleinteilige Textproduktion und –verteilung im Innern des Landes kontrastierte mit den relativ günstigen Bedingungen der Textproduktion und -verteilung in der nebenan existierenden Bundesrepublik. Zumal das Risiko der Texteinfuhr in die DDR kaum grösser war als die eigenständige konspirative und daher nur kleinteilige Herstellung eigener Texte bildete diese vergleichsweise privilegierte Realität in der DDR, die zur relativ raschen Verbreitung westlicher Druckerzeugnisse innerhalb der Opposition führte, durchaus auch einen Grund für das im Vergleich zu anderen Ländern des Ostblocks sehr langsame Entstehen eigener Untergrundpublikationen.

Trotz der Schwierigkeiten zur Anfertigung und Verteilung eigener Übersetzungen innerhalb der DDR verstärkten sich allerdings angesichts der Reisemöglichkeiten über die relativ  offene Grenze zwischen DDR und CSSR immer mehr die Versuche von einzelnen Angehörigen oppositioneller „Szenen“ und Gruppen aus verschiedenen Regionen der DDR unabhängig von einander selbst Kontakt mit der Charta aufzunehmen. Hinzu kam, dass Jürgen Fuchs nach seiner Haftentlassung in den Westen von Westberlin aus nicht nur eine offene Solidarität mit der Charta und KOR an den Tag legte, sondern eben auch Kontakte vermittelte. Diese sich rasch verstärkenden Tendenzen der Kontaktaufnahme und der internationalen Solidarisierung der Oppositionellen beider Länder waren offenbar so stark, dass sich die Geheimpolizeien beider Staaten herausgefordert sahen und bereits am Ende des Jahres 1977 auf einem Treffen zu dieser Problematik eine gemeinsame Strategie gegen eine Internationalisierung der Opposition verabredeten. Eine der wesentlichen Methoden zur Unterdrückung der internationalen Zusammenarbeit der oppositionellen wurde in den Folgejahren die Reisesperre für Oppositionelle.[36]

In der politisch aufgewühlten Situation in der DDR zur Jahreswende 1976/1977, hatte es – zum Beispiel mit der Biermann-Ausbürgerung und dem Hausarrest für Robert Havemann[37] – zwar einige politische Rückschläge für die Opposition gegeben, andererseits erreichte jedoch der Widerstand gegen die Politik des Regimes eine neue Dimension wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Angesichts dieser Situation bedeutete die Gründung von Charta ’77 auch deshalb eine zusätzliche Ermutigung und Stärkung  oppositioneller Aktivitäten in der DDR, weil sie als Ausdruck eines allgemeinen Trends der Aufwärtsentwicklung von Opposition im sowjetischen Imperium insgesamt erschien. In der Sowjetunion hatte sich die Dissidentenbewegung trotz der Ausweisung Solschenyzins und anderer weiterentwickelt, die ungarische Opposition ging verstärkt zur Publikation von Samisdat-Literatur über und in Polen hatte die neue Arbeiterrevolte von Ursus und Radom 1976 nicht nur das Scheitern des Gierekschen Kooperationsangebotes an die Gesellschaft gezeigt, sondern im Gegenteil mit der Gründung des KOR zu einer neuen Stufe der oppositionellen Kooperation zwischen Intelligenz und Arbeiterschaft geführt. Vor allem Polen hatte 1976 deutlich, dass Opposition nicht auf Minderheiten beschränkt bleiben musste, sondern dass künftig auch wieder breite Massen in das Rad der Geschichte greifen würden. Für die DDR-Opposition war dabei ebenso wichtig, dass die Aufwärtsentwicklung von  Opposition im Osten auch in Westdeutschland und Westberlin eine Unterstützung fand, die nicht im Verdacht stand, die Opposition im Osten als bloßes Vehikel der Interessenpolitik der Herrschenden im Westen missbrauchen zu wollen. Nicht nur hatten renommierte Schriftsteller wie Heinrich Böll, die sich zugleich in Westdeutschland gegen die Politik der Regierenden wehrten, die osteuropäische Dissidenz praktisch und moralisch verteidigt, mit der Biermann-Ausbürgerung bildete sich in Westberlin auch das „Schutzkomitee Freiheit und Sozialismus“, dem wichtige linke Intellektuelle angehörten oder das „Sozialistische Osteuropa-Komitee“, welches mit dem „Osteuropa-Info“ eine Zeitschrift heraus gab, die für die DDR-Opposition und die linke Dissidenz aus anderen Ostblockländern ein wichtiges Sprachrohr wurde. Und in der DDR selbst schien sich bereits im Jahre 1977, das durch die Gründung der Charta im Lande nebenan mit einem Paukenschlag eröffnet worden, der renitente Aufbruchsgeist trotz des verstärkten Staatsdruckes seit den Biermann-Protesten fortzusetzen. Die Spirale oppositioneller Aktivitäten drehte sich weiter nach oben. Trotz des Abbruches ihrer  kollektiven Protestaktion gegen die Biermann-Ausbürgerung wehrten sich renitente Schriftsteller auch weiter öffentlich gegen die Zumutungen des Regimes und in der Mitte des Jahres meldete sich Rudolf Bahro auf spektakuläre Weise zu Wort, in dem er in einem Interview im Westfernsehen das Erscheinen seiner Fundamentalkritik am Regime des sogenannten realexistierenden Sozialismus ankündigte, die dann auch wenig später tatsächlich erschien. Das Regime drangsalierte zwar 1977 renitente Intellektuelle und Künstler und jene, die ihre Unterschriften unter die Protestresolution gegen die Biermann-Ausbürgerung nicht zurückzogen auch weiterhin. Doch angesichts der Breite der Proteste sowie der auf Grund der  folgenden Berufs- und Auftrittsverbote nun einsetzenden breiten Welle von Ausreiseanträgen (nach Westdeutschland) auf Seiten bekannter Künstler, sah sich das Regime auch zum Einlenken und Lavieren gezwungen. Es befürchtete ein kulturelles „Ausbluten“ der DDR und eine zusätzliche massive Schädigung des internationalen Ansehens der DDR.[38] Nach dem Muster des „Teile und Herrsche“ erschienen Bücher einiger Protest-Schriftsteller auch weiterhin in der DDR, wie Christa Wolfs „Kindheitsmuster“ im Jahre 1977, andere reisten mit einem DDR-Pass in den Westen aus und konnten auch wiederkommen. Robert Havemann gelang es trotz seiner Isolation durch die Stasi Manuskripte in den Westen zu schaffen und zu veröffentlichen und einige Schriftsteller blieben auch öffentlich renitent, in dem sie auch in Westmedien Erklärungen abgaben, bis sie 1979 schließlich aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen wurden. Politische Oppositionelle, die noch ein Jahr zuvor inhaftiert wurden, kamen seit 1977 plötzlich mit Berufsverboten davon.[39]

Dennoch war die Biermann-Ausbürgerung der Beginn des Endes der Neubildungsphase von Opposition nach dem Mauerbau, die im Zeichen der Kulturopposition gestanden hatte. Die immer wieder neu entstehenden kleinen politischen Gruppen von Anfang und Mitte der siebziger Jahre waren vom Staatsapparat zerschlagen worden, einige wichtige Personen der oppositionellen Milieus im Westen gelandet. Doch hinzu kam und das war langfristig wohl sehr viel entscheidender, dass die Kulturopposition insgesamt unterging. Drei Faktoren waren hierfür entscheidend. Zum einen wurden die staatlichen Kulturinstitutionen, vor allem die Klubs und Galerien, die zum Teil als begrenzte Öffentlichkeiten und als Aktivitätsfelder der Kulturopposition gedient hatten, einer rigiden Kontrolle von oben unterworfen. Zudem wurden alle staatlichen Einrichtungen, vor allem Kultureinrichtungen von 1976 Protestierenden sowie von allen Sympathisanten der Proteste gegen die Biermann-Ausbürgerung gesäubert. Am Ende der siebziger Jahre waren die staatlichen Einrichtungen wieder konsequent verschlossen für Aktivitäten im Sinne einer unabhängigen Öffentlichkeit und für Unterwanderungsversuche durch kritische Geister.[40] Hinzu kam jedoch drittens die schon erwähnte, unter diesen Umständen für das Einzelindividuum zwar verständliche, für die Entwicklung eines kritischen Potentials der Intelligenz in der DDR jedoch zutiefst verhängnisvolle Ausreisewelle in den Westen. Ausreisemöglichkeiten für Unbotmäßige wurden vom Staat relativ großzügig ermöglicht und für jene, die ihre DDR-Angehörigkeit nicht verlieren wollten, Pässe für Westreisen gewährt. Das Ergebnis war für die SED höchst erfolgreich, für die Kulturopposition jedoch tödlich. Der SED gelang die weitgehende Befriedung der kritischen Intelligenz durch Berufsverbote, Ausreise- und Passprivilegien sowie einem wahren Exodus des kritischen Potentials innerhalb der Intelligenz. Anfang der achtziger Jahre wurde der in der DDR so berühmte Spruch geboren: „Der Letzte macht das Licht aus.“

1979 hatten DDR-Schriftsteller zwar anlässlich der Versuche des Regimes, DDR-Autoren die in der DDR nicht mehr publizieren durften und im Westen veröffentlichten, zu kriminalisieren zum zweiten Mal zum Mittel des kollektiven Protestes gegriffen, in dem sie einen Brief an Erich Honecker westlichen Nachrichtenagenturen übergaben. Doch blieb dies über zehn Jahre hinweg die letzte spektakuläre, weil kollektive und öffentliche Protestaktion namhafter Intellektueller. Die Beseitigung der Kulturopposition und die (relative) Befriedung der kritischen Intellektuellen am Ende der siebziger Jahre ging einher mit der sozialen Schließung der DDR-Gesellschaft seit dem Ende der siebziger Jahre. Die Nomenklatura reproduzierte sich aus sich selbst heraus.[41] Die Opposition  erhielt im Gegensatz zu allen Jahrzehnten davor keinen Nachwuchs mehr aus den Universitäten. Diese blieben in den achtziger Jahren ruhig, selbst 1989 bildeten die Studenten das Schlusslicht der demokratischen Bewegung. Die neue Generation der kritischen künstlerischen Intelligenz eroberte sich in den Achtzigern zwar ungeahnte Freiräume einer vielfältigen autonomer Kultur außerhalb staatlicher Institutionen, die zuvor undenkbar waren. Doch der Preis dafür war gerade der Verzicht auf den öffentlichen Konflikt mit dem Regime und eine zunehmend verbreitete Entpolitisierung autonomer Kunstproduktion, damit ihr weitgehender Ausfall als neue politische Kulturopposition.[42]

Mit dem Untergang der Kulturopposition erfolgte in den achtziger Jahren gleichsam eine Hegemonie-Umkehrung innerhalb der Opposition. Hatte bis dahin der oppositionell-marxistische Aufbruch seit den sechziger Jahren die wichtigen Themen der Opposition formuliert und die wichtigsten Gesichter gestellt, veränderten sich nun die Themen erheblich. Konkrete lebensweltliche Zielstellungen standen im Mittelpunkt oppositioneller Aktivitäten, nicht mehr grundsätzliche Alternativen. Das resultierte freilich auch aus zusätzlichen neuen Entwicklungen. Ende der siebziger Jahre begann sich zwischen Ost und West eine neue Runde der Hochrüstung aufzuschaukeln und neue Militarisierungsversuche des DDR-Staates politisierten eine neue Generation, die weniger denn je autoritären Mustern folgte. Mit neuen Themen wie „Schwerter zu Pflugscharen“ entstand am Beginn der achtziger Jahre nun schon eine ganze Jugendbewegung: Allein der Textil-Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“, der von vielen Schülern und Lehrlingen auf ihren Jacken getragen wurde, war unter Ausnutzung einer Gesetzeslücke in einer Auflage von Einhunderttausend gedruckt worden. [43] Hinzu kam aber auch das Arrangement zwischen Staat und Kirche vom März 1978. Um in der Zeit des verschärften Konfliktes mit der Kulturintelligenz Ruhe an der kirchlichen „Front“ zu erreichen, ging der Staat auf die evangelische Kirche zu und Staat und Kirche verpflichteten sich bei einem Treffen auf höchster Ebene zu gegenseitiger Toleranz.[44] Die Kirche wollte „Kirche im Sozialismus“ sein und der Staat garantierte ihr dafür ein Schutzraum für kirchliche Aktivitäten. Zwar hatte die Kirche damit Wohlverhalten gegenüber dem Staat versprochen, doch wurde erst jetzt Kirche als quasi legaler Schutzraum ein erkämpfbares Ziel von Oppositionellen, zumal innerhalb der evangelischen Kirche die „68er“ sich einen genügenden Spielraum für eigene Aktivitäten gegenüber der Kirchenhierarchie bereits erkämpft hatten. In ihren Schutzräumen entstand nun ein breites Spektrum von informellen Gruppen zu Themen der neuen sozialen Bewegung, die vom Frieden bis zur Homosexualität und anderen vom DDR-Staat offiziell verdrängten Themen reichte. 1982 eröffnete der von Robert Havemann und dem Berliner Pfarrer Rainer Eppelmann initiierte Berliner Appell eine neue Phase der DDR-Opposition. Wenn auch mit einem anderem Themenschwerpunkt hatte dieser Appell zur Abrüstung in Ost und West nun ebenfalls ein breites Bündnis über weltanschauliche Grenzen hinweg im Auge, wie es die Charta seit 1977 vorgemacht hatte.

 

[1]      Vgl. Jan Faktor, Die DDR-Linken und die tschechische Opposition, in Annette Simon/Jan Faktor: Fremd im eigenen Land?, Gießen 2000, S. 43f.

[2]      Vgl. Faktor, ebenda.

[3]      Vgl. Hermann Weber, DDR – Grundriß der Geschichte. 1945 – 1990, vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, Hannover 1991; zur Geschichte von Opposition und Widerstand in der DDR vgl. allgemein vor allem die faktenreiche Monografie von Erhard Neubert, in der auch zahlreiche der in diesem Artikel erwähnten Vorgänge behandelt werden, ders., Geschichte der Opposition in der DDR 1949 – 1989, Berlin 1997.

[4]      So schätzt Wilfriede Otto, das allein während der Jahre der stalinistischen Gleichschaltung der SED 1950–1952 wahrscheinlich rund 500.000 Sozialdemokraten, die ursprünglich die sozialistische „Einheitspartei“ mitbegründet hatten, aber deren stalinistische Zurichtung nicht mittragen wollten, aus der DDR abwanderten. Vgl. dieselbe, Visionen zwischen Hoffnung und Täuschung, in: Thomas Klein/Wilfriede Otto/Peter Grieder: Visionen. Repression und Opposition in der SED (1949-1989), S. 497–499.

[5]      Die grosse Mehrzahl der Literatur zu Opposition und Widerstand in der DDR geht davon aus, dass sich die DDR-Opposition erst Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre neu bildete. Meine Ausführungen basieren auf einem Forschungsprojekt über illegale Oppositionsgruppen in den siebziger Jahren am Zentrum für Zeithistorische Forschungen Potsdam, in dessen Rahmen ich mehr als drei Duzend Zeitzeugeninterviews führte.

[6]      Die Bedeutung dieses Aspektes wird in den gängigen Darstellungen zur DDR-Opposition konstant unterschätzt. Er ist aber deshalb sehr wichtig, weil das Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und sodann der DDR ein industrieller Schwerpunkt und ein Zentrum der Arbeiterbewegung des ehemaligen Deutschen Reiches war, analog zur Bedeutung der Böhmischen Länder für das Habsburger Reich. Die DDR war deshalb von Anfang an und nicht erst durch die SED-Politik proletarischer strukturiert als Westdeutschland. Auf diesen für die Neuentwicklung von DDR-Opposition wichtigen sozialgeschichtlichen Aspekt kann jedoch im Folgenden nicht eingegangen werden. Vgl. zum Verhältnis von DDR-Opposition und Arbeiterschaft: Bernd Gehrke, Weichenstellungen zum Disparaten. Vom schwierigen Verhältnis der DDR-Opposition zur Arbeiterschaft, in: Peter Hübner/Christoph Kleßmann/Klaus Tenfelde (Hg.), Arbeiter im Staatssozialismus. Ideologischer Anspruch und soziale Wirklichkeit, Köln-Weimar-Wien 2005, S. 405–424.  

[7]      Vgl. Kahlschlag. Das 11. Plenum des ZK der SED 1965. Mit einem Beitrag von Wolfgang Engler, herausgegeben von Günter Agde, 2. erweiterte Auflage, Berlin 2000.

[8]      Vgl. Bernd Florath/Bernd Gehrke/Renate Hürtgen/Thomas Klein, Perspektiven künftiger Oppositionsforschung – Ein Beitrag zur Diskussion, in: Deutschland Archiv Nr. 2/2007, 40. Jahrgang, S. 301–306.

[9]      Vgl. Faktor, ebenda.

[10]    RIAS: Rundfunk im amerikanischen Sektor. Dieser Sender wurde in der DDR fast flächendeckend empfangen und gehört. Er war das wichtigste publizistische Mittel der USA in der Auseinandersetzung mit dem SED-Regime.

[11]    Vgl. Stefan Heym,  Die Langeweile von Minsk, in: Stefan Heym, Stalin verlässt den Raum. Politische Publizistik, Leipzig 1990, S. 115.

[12]    Hierzu vgl. die MfS-Analysen vom Frühjahr 1968 in: Monika Tantzscher, Maßnahme „Donau“ und Einsatz „Genesung.“ Die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968/69 im Spiegel der MfS-Akten, Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Reihe B: Analysen und Berichte Nr. 1/1994 sowie Stefan Wolle, Die DDR-Bevölkerung und der Prager Frühling, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 36/1992, S. 35-43.

[13]    Grosse Teile blieben allerdings skeptisch hinsichtlich der Erfolgschancen: Die DDR-Gesellschaft war durch die Niederschlagung des Juni-Aufstands von 1953, die Niederschlagung der ungarischen Revolution und den Mauerbau ein „gebranntes Kind“.

[14]    Vgl. ZAIG, Hinweise für Kollegiumssitzungen – Dienstbesprechungen, Anfang Oktober 1968; BStU, ZA, ZAIG 4725, in: Tantzscher, Maßnahme, S.36 (wie Fn. 10). Eine vergleichbare Analyse von Solidaritätsversuchen bei der Gründung von Charta ’77 habe ich bisher nicht gefunden. Sie ist auch unwahrscheinlich, da die Protestaktionen in der DDR 1977 sehr viel differenzierter waren, weil es sehr viel mehr Protestanlässe gab.

[15]    Vgl. Tantzscher, „Maßnahme“, S.35. (wie Fn.10).

[16]    Vgl. Tanzscher, Maßnahme, S. 124 (wie Fn.10).

[17]    Zu den Protesten gegen den Einmarsch in die CSSR 1968 sowie ihrer langfristigen Bedeutung für die Entwicklung der DDR insgesamt vgl.: Bernd Gehrke, 1968 – Das unscheinbare Schlüsseljahr der DDR, in: Bernd Gehrke/Gerd-Rainer Horn (Hg.), 1968 und die Arbeiter. Studien zum „proletarischen Mai“ in Europa, Hamburg 2007.

[18]    Vgl. Vgl. BStU ZA JHS 21 785, Johannes Bernstein/Dieter Schaffer, Die staatsfeindlichen Gruppen Jugendlicher und junger Erwachsener und ihre vorbeugende Bekämpfung durch das MfS, Potsdam 1969, S. 21f.

[19]    Als einziges Beispiel sei allein auf die Biografie des in diesem Band vertretenen Gerd Poppe verwiesen.

[20]    Der bekannteste westdeutsche Studentenführer der außerparlamentarischen Opposition, der 1968 auch vor den Prager Studenten in jenem Hörsaal auftrat, in dem die Tagung zum 40. Gründungstag der Charta stattfand.

[21]    Vgl. Bernstein/Schaffer, Die staatsfeindlichen Gruppen, S. 21 (wie Fn. 15).

[22]    Zum Folgenden vgl. Gehrke, Weichenstellungen (wie Fn.5).

[23]    Die „Bausoldaten“ waren eine nicht unter Waffen stehende Baueinheit innerhalb der Nationalen Volksarmee der DDR. Dieser Kompromiss zwischen Staat und Kirche in der DDR ist nur erklärbar aus der spezifisch deutschen Situation nach dem Hitlerkrieg und dem Diskurs über die deutsche Kriegsschuld. Dieser Diskurs war  insgesamt zunächst im Sinne eines “Nie wieder Krieg“ pazifistisch geprägt, auch bei der SED. Die im Zuge des Kalten Krieges betriebene Wiederaufrüstung beider deutscher Staaten musste deshalb gegen die sehr starken pazifistischen Stimmungen in der Jugend wie der Bevölkerung durchgesetzt werden und verlangte deshalb auch Rücksichtnahmen des Regimes darauf.

[24]    Ernst Blochs „Philosophie der Hoffnung“ hatte in der vieldiskutierten „Theologie der Hoffnung“ Jürgen Moltmanns einen entsprechenden theologischen Aufbruchsgeist gefunden, wie er auch die kritischen Marxisten beschäftigte. Vgl. Jürgen Moltmann, Theologie der Hoffnung, München 1966.

[25]    Vgl hierzu v.a.: Paul Kaiser/Claudia Petzold (Hg.), Boheme und Diktatur in der DDR. Gruppen Konflikte Quartiere 1970–1989, Katalog zur Ausstellung des Deutschen Historischen Museums vom 4. September bis 16. Dezember 1997, Berlin 1997.

[26]    Vgl. zu den jugendlichen Subkulturen in der DDR vor allem: Michael Rauhut/Thomas Kochan, Bye bye, Lübben City. Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR, Berlin 2004 sowie: Wir wollen immer artig sein… Punk, New Wave, HipHop und Independent-Szene in der DDR von 1980-1990, Herausgegeben von Ronald Galenza und Heinz Havemeister. Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Berlin 2005.

[27]    Beispielsweise gibt sich auch der Staat seit den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten, die 1973 in Ostberlin stattfanden „jugendgemäß“-modern. Die staatsinterne Jugendforschung stellt einen Wertewandel der Jugend im Sinne der Individualisierung fest. Walter Friedrich/Peter Förster/Kurt Starke (Hrsg.), Das Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig 1966–1990. Geschichte-Methoden-Erkenntnisse, Berlin 1999.

[28]    So entstand etwa in Berlin 1971 ein Bildungskreis aus weltlich sowie christlich orientierten Akademikern, der bis 1989 und darüber hinaus bestand und in dem wichtige Akteure der Bürgerbewegung von 1989 aktiv wahren, wie der Mitbegründer des Neuen Forum, Professor Jens Reich. Vgl. Freitagskreis 1971 – 1996, ohne Namen (Jens Reich/Pavel Strohner), Berlin, am 6.11.1996 (im Besitz des Autors). In Halle bildete sich beispielsweise 1973 ein ähnlicher Kreis, der bis Anfang der achtziger Jahre bestand um den christlichen Akademiker Dr. Peter Bohley. Vgl. Polkokow, Coneffy, Höderlein. Bürgerliche Literatur als Staatsverbrechen: Peter Bohleys Lesekreis in Halle von 1973 bis 1983, in: Kaiser/Petzold (Hg.), Boheme und Diktatur in der DDR (wie Fn. 25), S. 250-259.

[29]    So eine Gruppe von Philosophen aus der Humboldt-Universität Berlin, zu der später bekannt gewordene Oppositionelle gehörten wie der Mitbegründer der Initiative für Frieden und Menschenrechte, Wolfgang Templin oder der Mitbegründer des Neuen Forum Klaus Wolfram.

[30]    So die oppositionelle Gruppe um Rupert Schröter, die den Publikumsbeirat der Veranstaltungsreihen  „Eintopp“ und „Kramladen“ infiltrierte, die von der Sängerin Bettina Wegener und dem Schriftsteller Klaus Schlesinger organisiert wurde, auf der in der DDR verfemte Künstler auftraten. Zu diesen Veranstaltungsreihen vgl. Wolfgang Rüddenklau, Störenfried. ddr-opposition 1986–1989. Mit Texten aus den Umweltblättern, Berlin 1992, S.15ff.; Ehrhardt Neubert, Geschichte der Opposition in der DDR 1949–1989, Berlin 1997, S. 239ff.

[31]    Vgl. Burkhard Kleinert: Mein Achtundsechzig, in: SklavenAufstand 51, Berlin 1998, S. 3ff.

[32]    Vgl. Rüddenklau, Störenfried, S. 24.

[33]    Die Aktion Sühnezeichen wurde 1958 von evangelischen deutschen Christen gegründet, um in jenen Ländern, die von Nazi-Deutschland überfallen worden waren Wiedergutmachungsarbeit zu leisten. Sie war auch nach dem Mauerbau 1961 in beiden deutschen Staaten aktiv.

[34]    Vgl. OV „Mühle“, BStU ZA AOP 12223/78.

[35]    Vgl. OV „Opposition“, BStU, ZA XV/7111/75.0

[36]    Vgl. hierzu: Tomas Vilimek, Tschechoslowakische und DDR-Opposition im Visier der Staatssicherheitsdienste beider Ländern, in: Leonore Ansorg/Bernd Gehrke/Thomas Klein/Danuta Kneipp (Hg.): Politische Gegnerschaft in der DDR. Herrschaftswandel und Opposition in der Ära Honecker, Köln-Weimar-Wien 2007 (im Erscheinen); ders. in diesem Band.

[37]    Unmittelbar nach der Biermann-Ausbürgerung wurde Robert Havemann jahrelang unter Hausarrest gestellt, um seine Kommunikation mit Oppositionellen sowie mit westlichen Medien zu verhindern.

[38]    In der unmittelbaren Folge der Biermann-Ausbürgerung verließen mehr als 100 bekannte Künstler die DDR in Richtung Westdeutschland. Das Spektrum reichte von der Punkrock-Lady Nina Hagen bis zu Schauspielern wie Armin Müller-Stahl, die im Westen Welt-Karrieren starteten. Hintergrund der Ausreiseantragstellungen war die in der KSZE-Schlussakte festgeschriebene „Aufenthaltsfreiheit“. Vgl. Horst Domdey, Der Anfang vom Ende, in: Berlin – Hauptstadt der DDR 1949 – 1989. Utopie und Realität. Herausgegeben von Bernd Wilczek unter Mitarbeit von Peter Knopp und Vincent von Wroblewsky, Zürich und Baden-Baden 1995, S. 175-191.

[39]    Dass den wichtigsten Personen der (oben beschriebenen) im Jahre 1977 „aufgeflogenen“ konspirativen Gruppe im Umfeld der Aktion Sühnezeichen in Berlin wie Ludwig Mehlhorn Gefängnis erspart blieb, während ein Hauptakteur in Leipzig inhaftiert wurde, mochte mit der staatlichen Rücksichtnahme auf die evangelische Kirche und die Aktion Sühnezeichen zu tun haben. Doch auch mehrere andere illegale Gruppen, die 1977 durch die Stasi „aufflogen“ kamen ohne Inhaftierung davon. So die oben erwähnten Gruppen im OV Kreis und OV Opposition (vgl. Fn. 22 und 28).

[40]    Vgl. Klaus Michael,  Prenzlauer Berg. Streifzüge durch eine Kulturlandschaft, in: Wilczek (Hg.), Berlin, S. 192– 215.

[41]    Vgl. Heike Solga, Auf dem Weg in eine klassenlose Gesellschaft? Klassenlagen und Mobilität zwischen Generationen in der DDR, Berlin 1995; Rainer Geißler, Die Sozialstruktur Deutschlands. Die gesellschaftliche Entwicklung vor und nach der Vereinigung. Mit einem Vorwort von Thomas Meyer, 3., grundlegend überarbeitete Auflage, Bonn 2002.

[42]    Zum komplizierten Zusammenhang zwischen autonomer Kunstproduktion und Entpolitisierung siehe v.a.: Michael, Prenzlauer Berg (wie Fn. 39).

[43]    Zeitzeugeninterview mit Karl-Heinz J. am 14 April 2004.

[44]    Vgl. Neubert, Geschichte der Opposition, S. 310ff.

 

Quelle: Bernd Gehrke: DDR-Opposition in den siebziger Jahren und die „Solidarität mit Prag“, in: Charta 77: Od obhajoby lidských práv k demokratické revoluci, 1977-1989. Sborník z konference k 30. výročí Charty 77, Praha, 21.-23. března 2007. sborník z konference k 30. výročí Charty 77, Praha, 21.-23. března 2007, Editoři: Markéta Devátá, Jiří. Suk, Oldřich Tůma, Ústav pro Soudobé Dějiny AV ČR, Praha 2007, S. 127 – 151.

Foto: The Central Intelligence Agency – 10 Soviet Invasion of Czechoslovakia, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29195095