Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte, 5. Januar 2015

Seit mehreren Wochen demonstrieren „Patriotische Europäer gegen eine Islamisierung des Abendlandes (Pegida)“ in Dresden. Sie reihen sich ein in die beschämenden Demonstrationen gegen Flüchtlinge, Verfolgte, Menschen anderer Herkunft und Religion, insgesamt gegen Menschen, die als „anders“ wahrgenommen werden.

Pegida sieht sich selbst in der Tradition der Montagsdemonstrationen, die vor 25 Jahren eine friedliche Revolution initiiert haben. Das Haus der Demokratie und Menschenrechte ist aus der friedlichen Revolution entstanden und wir sind empört und beschämt, dass heute im Namen dieser demokratischen Revolution für Ausgrenzung, für Rassismus und für Intoleranz demonstriert wird.

Wir sind das Volk und stehen für Toleranz und Selbstbestimmung, für Partizipation, Freiheit, Gleichheit und Solidarität. Die friedliche Revolution von 1989/1990 steht für die Überwindung der Grenzen innerhalb Deutschlands und Europas, für Demokratie und universelle Menschenrechte.

Demonstrationen gegen Flüchtlinge und gegen Menschen anderer Religion und Herkunft mögen viele Gründe haben: Unsicherheit, Furcht oder Frustration. Unsicherheit aufgrund prekärer Arbeitsverhältnisse und geringer Einkommen, Furcht vor den Kriegen und Krisen in unserer Nachbarschaft oder Frustration mit einer als bürgerfern wahrgenommenen Politik.

Welche Gründe es auch immer sein mögen: Gegen schutz- und hilfsbedürftige Menschen zu demonstrieren ist schamlos und abstoßend! Wir verurteilen alle, die ihre Furcht und ihre Frustration gegen jene wenden, denen es noch schlechter geht. Wir haben nichts mit solchen Demonstranten und Demonstrantinnen gemein, die sich im Namen einer Nation gegen andere Nationen, Völker, Religionen wenden. Wir sind gegen Pegida und Co!

Stattdessen sollten wir alle gemeinsam nach Lösungen suchen, die Angst und Unsicherheit bekämpfen: Mehr Demokratie, mehr Toleranz, der Respekt vor Menschenrechten und der Würde des Menschen in Deutschland und überall auf der Welt, der Kampf gegen Armut und prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse und eine solidarische Gemeinschaft, die ohne Aus- und Abgrenzung auskommt, sind unsere Antworten, nicht Nationalismus und Rassismus!

Europa ist umgeben von Kriegs- und Krisenregionen und tagtäglich sterben Menschen an den Grenzen, die Europa errichtet hat, um sich abzuschotten. Die wenigen Flüchtlinge und Verfolgten, die es schaffen, Europa zu erreichen, finden neue Grenzen vor.

Statt Hilfe und Unterstützung zu erhalten, warten unzählige bürokratische Hürden und Auflagen, Diskriminierung, Arbeitsverbote und prekäre Lebensverhältnisse. Menschen, die Krieg, Vertreibung und andere Schrecken erlebt haben, stoßen vielfach auf Ablehnung, Ignoranz und Diskriminierung seitens der europäischen Staaten und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Die Pegida-Demonstrationen sind der letzte Schritt hin zu einer Gesellschaft, die intoleranter und unsolidarischer wird. Gefordert sind deshalb gegenseitige Solidarität und Mitgefühl, eine Gesellschaft, die sich gegenseitig hilft und unterstützt und diejenigen, die in Not sind, willkommen heißt.

Wir sind das Volk – demokratisch und weltoffen! Flüchtlinge und Verfolgte haben einen Platz unter uns, Pegida & Co nicht!

Berlin, den 5. Januar 2015

Vorsitz des Kuratoriums und Vorstand der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte

V.i.S.d.P. Hans-Andreas Schönfeldt (Vorstand)