Demokratische Sozialist:innen wurden in New York City und Seattle zu Bürgermeister:innen gewählt
Peter Dreier zeigt, weshalb
Am 22. November 2025 veröffentlichte die plural-linke US-Onlinezeitschrift Portside einen Artikel von Peter Dreier über die Wahl der Bürgermeister:innen von New York City und Seattle.
Angesichts der fast täglichen Schreckensmeldungen über die faschistoiden Attacken des Weißen Hauses auf die Institutionen der bürgerlichen Demokratie in den USA und sein offen brutal-imperialistisches Agieren in der Weltpolitik, enthält der Artikel Dreiers eine Fülle von Informationen über die Geschichte des demokratischen Sozialismus in den Staaten und über seinen aktuellen Aufschwung, die in der deutschen Linken weitgehend unbekannt sind. Zudem sind sie geeignet, Hoffnungen auf einen wachsenden Widerstand in den USA gegen das Trump-Regime zu machen. Zu diesen Hoffnung machenden Entwicklungen gehört auch die Wahl von Zohran Mamdani und Katie Wilson, die als demokratische Sozialist:innen in der Demokratischen Partei zu Bürgermeister:innen in New York City und Seattle gewählt wurden.
Auch wenn Peter Dreier aus Sicht unserer Redaktion ein zu einseitiges Bild von der sozialistischen Bewegung in den USA im Sinne der reformistischen Sozialdemokratie des 20. Jahrhunderts zeichnet, so sind wir dennoch der Ansicht, dass dieser Artikel von vielen Linken in Deutschland zur Kenntnis genommen werden sollte. Das gilt gerade auch für die interessanten, vom Autor leider ohne Quellenangaben genannten Umfrageergebnisse unter US-Bürger:innen, die er als Belege für ein großes Potenzial des demokratischen Sozialismus in den USA interpretiert. Auch dies erscheint uns ebenfalls als euphorisch-einseitige, Widersprüche ausblendende Interpretation. Doch allein die Darstellung des Zusammenhangs zwischen demokratischen Sozialist:innen und jenen Strömungen in der Demokratischen Partei, die sich an Ideen und Politik des New Deal von Franklin Delano Roosevelt (FDR) in den 1930er Jahren orientieren, verdeutlicht wichtige Zusammenhänge der Bewegungen für soziale und demokratische Reformen in den USA.
Trotz, aber auch wegen solcher Fragen aufwerfender Sichtweisen des Autors enthält Dreiers Text aber derart viele interessante Informationen, dass ihm ein großes, wenn auch kritisches Publikum in Deutschland zu wünschen ist.
Peter Dreier ist Professor für Politik und Stadtpolitik am Occidental College in Los Angeles, Kalifornien. Von 1984 bis 1992 war er leitender politischer Berater des Bostoner Bürgermeisters Ray Flynn.
Der Artikel wurde von der Redaktion ins Deutsche übersetzt.
Die Redaktion, Blog Emanzipation & Geschichte
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Sind Zohran Mamdani und Katie Wilson Demokratische Sozialist:innen oder FDR-Demokrat:innen1?
Sie sind Beides
Portside 22. November 2025, von Peter Dreier
Zwischen jetzt und den Midterms [Zwischenwahlen zum Kongress – die Red.] im nächsten Jahr werden das „S“-Wort und sogar das „K“-Wort in öffentlichen Debatten wieder Wellen schlagen. Präsident Trump und seine Verbündeten haben New Yorks sozialistischen Bürgermeister Zohran Mamdani als Kommunisten, Marxisten, Terroristen und sogar Dschihadisten bezeichnet. Sie warnen davor, dass die USA eine Welle des „Sozialismus“ erleben, ein Begriff, von dem sie hoffen, dass er immer noch seine aggressiven Konnotationen des Kalten Krieges trägt. Sie hoffen, Mamdani zum Gesicht der Demokratischen Partei zu machen, eine Taktik, die deren Kandidat:innen in den Wahlkämpfen der Swing-States2 diskreditieren soll.
Während der hysterischen Furcht vor den Roten in den 1950er Jahre geriet der amerikanische Sozialismus in schwere Zeiten. Nur wenige Amerikaner:innen unterschieden zwischen den europäischen Sozialsystemen und dem Kommunismus der Sowjetunion oder Chinas. Im ganzen Land „reinigten“ sich Universitäten, Gewerkschaften, öffentliche Schulen, Filmstudios und andere große Institutionen von ihren Linken. Sogar viele Liberale hatten Angst, sich zu äußern, aus Furcht, als Kommunist bezeichnet zu werden und ihre Arbeitsplätze zu verlieren.
Wegen der Obama-Regierung kam der Verwendung des Begriffs „Sozialismus“ als eine Art politisches Schimpfwort große Bedeutung zu, wobei die Gegner:innen des Präsidenten – die Republikanische Partei, die Tea Party, die rechte Blog-Szene, die Handelskammer und konservative Medienvertreter:innen wie Glenn Beck, Ann Coulter, Sean Hannity und Rush Limbaugh – alles, was er vorschlug, als „Sozialismus“ bezeichneten, einschließlich seines bescheidenen Gesundheitsreformgesetzes.
In den letzten zehn Jahren haben jedoch einige [ideologische – die Red.] Verschiebungen begonnen. Die Republikaner:innen haben zwar nicht aufgehört mit der Roten-Hatz und sie werden weiterhin „Sozialismus“ brüllen, während sie versuchen, den Demokrat:innen im nächsten Jahr und im Jahr 2028 eine Niederlage zu bereiten. Doch das politische Klima hat sich dramatisch verändert. Amerikaner:innen, insbesondere diejenigen unter 50 Jahren, sind offener für Kandidat:innen, die sich Sozialist:innen nennen, solange sie praktische Ideen zur Lösung der Probleme haben. Sie bewerten ihr Verständnis des Sozialismus und seinen Platz innerhalb der amerikanischen Identität neu.
Zur Erinnerung: Seit mehr als einem Jahrhundert ist der Sozialismus ein fester Bestandteil des amerikanischen Progressivismus und hat sich frühzeitig für viele Reformen eingesetzt, die schließlich in der Mitte-Links-Politik populär wurden.
Wir sehen, dass sich diese Dynamik heute erneut abspielt.
Von den Rändern zum Mainstream
Mamdani ist Mitglied der Democratic Socialists of America (DSA), aber die meisten der eine Million New Yorker:innen, die für ihn stimmten, würden sich wahrscheinlich nicht als „Sozialist:innen“ bezeichnen. Das gleiche gilt für diejenigen, die für Katie Wilson gestimmt haben, der sozialistischen Community-Organisatorin, die Seattles neue Bürgermeisterin werden wird,
oder für die anderen Dutzend Sozialist:innen, die im November zum ersten Mal ins Amt gewählt wurden. Unter den Wähler:innen, die mehr als 250 derzeit amtierende DSA-Mitglieder unterstützt haben, gibt es nur wenige, die sich selbst als Sozialist:innen bezeichnen. Diese gewählten DSA-Mitglieder wurden entweder von lokalen DSA-Ortsverbänden unterstützt oder von Menschen wie Senator Bernie Sanders aus Vermont, die sich als demokratische Sozialist:innen bezeichnen, jedoch nie der Organisation beigetreten sind.
Es gibt jetzt mindestens 135 der DSA angehörende und DSA-nahe Stadtratsmitglieder, 64 Bundesstaats-Gesetzgeber:innen, 21 Schulräte, 6 Bürgermeister:innen und drei Mitglieder des Kongresses. Im November wählten die Wähler:innen in Atlanta, Detroit; Tucson; Greenbelt, Maryland; Troy und Poughkeepsie, Staat New York; Hamden, New London und New Britain, Connecticut; und Amherst, Massachusetts, demokratische Sozialistinnen in ihre Stadträte. Minneapolis fügte seinem Stadtrat eine neue demokratische Sozialistin hinzu, wodurch die Gesamtzahl auf fünf stieg. Ithaca, im Staat New York, fügte zwei hinzu, was die Gesamtzahl auf drei erhöht. Fünf DSA-Mitglieder sind im Chicago City Council und vier in seinem Pendant in Portland, Oregon, aktiv. In Los Angeles sind vier der 15 Stadtratsmitglieder mit den DSA verbunden, und zwei weitere kandidieren derzeit für Ratssitze, die im nächsten Jahr bestimmt werden. Die Wähler:innen haben acht DSA-Mitglieder in die Legislative des Bundesstaats New York und drei in die von Pennsylvania gewählt. Im vergangenen Jahr wählten die Wähler:innen in Eau Claire, Wisconsin, den Sozialisten Christian Phelps, einen freiberuflichen Journalisten und Organisator für das Wisconsin Public Education Network, in die Staatsversammlung und ersetzten einen Republikaner.
Um das alles ins rechte Licht zu rücken: Seit ungefähr 1912 haben wir nicht mehr so viele sozialistische Amtsinhaber:innen gesehen. In diesem Jahr gewann Eugene V. Debs – der Präsidentschaftskandidat der Sozialistischen Partei – mehr als 900.000 Stimmen, 6 Prozent der Gesamtzahl der Stimmen (und dami weniger als die Stimmen, die Mamdani bei der Bürgermeisterwahl erhielt). Debs hätte vielleicht noch mehr Stimmen erhalten können, aber zwei andere Kandidaten – der Demokrat Woodrow Wilson und der Kandidat der Progressiven Partei (und ehemalige Präsident), Theodore Roosevelt, – stahlen den Sozialist:innen etwas die Show, indem sie mit Versprechungen für fortschrittliche Reformen wie das Frauenwahlrecht, Gesetze gegen Kinderarbeit und das Recht der Arbeiter:innen, Gewerkschaften zu gründen, die Unterstützung von Arbeiter:innen, Frauen und Verbraucher:innen gewannen. Das waren alles politische Maßnahmen, bei denen die Sozialist:innen dazu beitrugen, sie zum Mainstream zu machen.
Debs verlor, aber in diesem Jahr erhielten 1.200 Mitglieder der Sozialistischen Partei öffentliche Ämter, von Schulbehörden bis zum Kongress, darunter 79 Bürgermeister:innen in Städten wie Milwaukee, Buffalo, Minneapolis, Reading und Schenectady. Im Amt drängten sie auf mehr Parks, Bibliotheken, Spielplätze und anderer Dienstleistungen, einschließlich des öffentlichen Eigentums an Versorgungs- und Transporteinrichtungen, kostenlose Mahlzeiten für arme Schulkinder, einen existenzsichernden Lohn für Arbeiter:innen und eine freundlichere Haltung gegenüber Gewerkschaften, insbesondere während der Streiks.
Das ist das Muster der amerikanischen Sozialist:innen: Seit mehr als einem Jahrhundert besteht ihre Rolle darin, sogenannte radikale Ideen von Außenseiterpositionen hin zum Mainstream zu bewegen. Das sind Vorschläge, um die Gesellschaft humaner, lebenswerter und gerechter zu machen und den Menschen im Alltag eine stärkere Stimme in ihrer Demokratie und an ihren Arbeitsplätzen zu geben.
1916 brachte der Kongressabgeordnete Victor Berger, ein Milwaukee-Sozialist, den ersten Gesetzentwurf zur Schaffung von „Altersrenten“ auf den Weg. Die Gesetzesinitiative kam nicht sehr weit, aber zwei Jahrzehnte später, inmitten der Depression, überzeugte Präsident Franklin D. Roosevelt (FDR) den Kongress, die Sozialversicherung zu verabschieden. Konservative Kritiker:innen und große Unternehmensgruppen verurteilten das als unamerikanisch, sogar als kommunistisch. Aber heute glauben die meisten Amerikaner:innen, sogar Konservative, dass soziale Sicherheit eine gute Sache ist. Was einst radikal erschien, ist zum gesunden Menschenverstand geworden. Tatsächlich wurde ein Großteil der anderen New-Deal-Gesetzgebungen von FDR – der Mindestlohn, das Recht der Arbeiter:innen, Gewerkschaften zu bilden sowie öffentliche Arbeitsprogramme zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Arbeitslose – zuerst von amerikanischen Sozialist:innen gefordert.
Eine Krise des Kapitalismus
Die DSA wurde 1982, als der Kalte Krieg nachließ, gegründet nach der Fusion von zwei kleinen linken Organisationen. Bevor Sanders 2016 für das Präsidentenamt kandidierte, bewegte sich seine Mitgliederzahl um 8.000. Innerhalb eines Jahres nach Sanders‘ erster Präsidentschaftskampagne und dem Sieg der Abgeordneten Alexandria Ocasio Cortez im Jahr 2018 stieg die Zahl auf etwa 32.000. Mamdanis Kampagne löste einen neuen Boom der Mitgliederzahl aus, die mittlerweile landesweit mehr als 80.000 Mitglieder umfasst. Das Durchschnittsalter ist laut DSA von 68 Jahren im Jahr 2017 auf heute etwa 33 Jahre gesunken.
Die Mitglieder der DSA stellen jedoch nur einen winzigen Bruchteil der Amerikaner:innen dar, die den Sozialismus an der Wahlurne unterstützen. aber laut einer aktuellen Gallup-Umfrage 39 % der Amerikaner:innen (darunter 66 % der Demokrat:innen) dem Sozialismus positiv gegenüber. Darüber hinaus ist der Anteil derjenigen, die den Kapitalismus positiv sehen, von 60 % im Jahr 2021 auf heute 54 % gesunken.
Aber selbst diese Zahl unterschätzt die potenzielle Anziehungskraft sozialistisch geprägter Ideen unter den Amerikaner:innen. Umfragen zeigen, dass eine große Mehrheit von ihnen progressive Ansichten teilt, auch wenn sie sich selbst nicht als Sozialist:innen bezeichnen. Zum Beispiel:
71 % betrachten Vermögensungleichheit als ernsthafte nationale Frage.
69% der Amerikaner:innen glauben, dass die amerikanische Wirtschaft manipuliert ist, um die Reichen und Mächtigen zu unterstützen.
82% sehen den Einfluss von Geld in der Politik als Bedrohung für die amerikanische Demokratie an.
71% der Amerikaner:innen (einschließlich 53% der Republikaner:innen) glauben, dass Milliardäre nicht genug besteuert werden.
63% der Amerikaner:innen – darunter 43% der Republikaner:innen – sagen, dass die Steuersätze für Big Bussiness und Unternehmen angehoben werden sollten.
82% sagen, dass die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente unvernünftig sind, und dass die von Pharmaunternehmen erzielten Gewinne ein „wichtiger Faktor“ für den hohen Preis von verschreibungspflichtigen Medikamenten sind. Überraschenderweise teilen 89% der Republikaner diese Ansicht, verglichen mit 78% der Unabhängigen und 84% der Demokraten.
62% der Amerikaner:innen – darunter 90% der Demokrat:innen, 65% der Unabhängigen und 32% der Republikaner:innen – denken, dass es in der Verantwortung der Bundesregierung liege, sicherzustellen, dass alle Amerikaner:innen über eine Krankenversicherung verfügen.
59% unterstützen einen Einzelzahler oder Medicare for All-System (27% widersetzen sich der Idee und 14% hatten keine Meinung).
68% der Amerikaner:innen unterstützen Gewerkschaften, ein deutlicher Anstieg seit den 1960er Jahren.
83% unterstützen die Anhebung des Bundesmindestlohns von derzeit 7,25 $ pro Stunde auf 12 $, während 64% der Wähler:innen:innen (einschließlich 45% der Republikaner:innen) der Meinung sind, dass er auf 17 $ pro Stunde erhöht werden sollte.
82% (einschließlich 76% der Republikaner) unterstützen ein Bundesprogramm für bezahlten Familien- und medizinischen Urlaub.
73% der Amerikaner:innen unterstützen die von der Regierung finanzierte universelle Kinderbetreuung.
Mamdanis Sozialismus trifft den Mainstream
Diese Ansichten stimmen mit den Positionen der DSA-Amtsträger:innen und anderer progressiver Politiker:innen überein. Tatsächlich ist nichts an Mamdanis Agenda für New York oder Wilsons Agenda für Seattle besonders radikal. So bieten beispielsweise viele Städte auf der ganzen Welt und auch einige in den Vereinigten Staaten kostenlose öffentliche Verkehrsmittel an. Hunderte von Städten haben bereits eine Form der Mietpreisbindung, darunter auch New York. Staatliche Lebensmittelgeschäfte – ein Vorschlag von Mamdani, auf den sich rechte Stimmen eingeschossenhaben – sind weltweit erfolgreich, werden von linken, rechten und gemäßigten Regierungen betrieben und existieren tatsächlich bereits in New York.
Wenn Mamdani, Wilson und andere demokratische Sozialist:innen überhaupt ein Vorbild haben, dann sind es nicht die autoritären Regierungen Russlands, Chinas oder Kubas, sondern die Sozialdemokratien Skandinaviens. Diese Länder haben eine größere Gleichheit und einen höheren Lebensstandard für arbeitende Familien, stärkere Gewerkschaften und ein viel breiteres soziales Sicherheitsnetz. Sie haben auch kostenlose (oder fast kostenlose) Universitäten, eine allgemeine Krankenversicherung und eine geringere Armut.
Wie Sozialdemokrat:innen und demokratische Sozialist:innen sind auch die meisten Amerikaner:innen der Meinung, dass private Unternehmen Regeln unterliegen sollten, die sie zu verantwortungsvollem Handeln verpflichten. Banken sollten keine rücksichtslosen, räuberischen Kredite vergeben. Energiekonzerne sollten nicht durch zu hohe Schadstoffemissionen den Planeten und die öffentliche Gesundheit gefährden. Unternehmen sollten verpflichtet werden, die Sicherheit von Konsumgütern (wie Autos und Spielzeug) zu gewährleisten, angemessene Löhne zu zahlen und sichere Arbeitsplätze anzubieten.
Diese Ansichten stimmen mit den Positionen der DSA-Amtsinhaber:innen und anderer fortschrittlichen Offiziellen überein. Tatsächlich ist nichts über Mamdanis Agenda für New York oder Wilsons für Seattle besonders radikal. Zum Beispiel bieten viele Städte auf der ganzen Welt und einige in den Vereinigten Staaten kostenlose öffentliche Verkehrsmittel an.
Hunderte von Städten haben bereits eine Form der Mietpreiskontrolle, darunter New York. Staatlich geführte Lebensmittelgeschäfte – ein Mamdani-Vorschlag, der von rechten Stimmen attackiert wurde – sind auf der ganzen Welt erfolgreich und von Regierungen links, rechts und in der Mitte betrieben.
Wie Sozialdemokrat:innen und demokratische Sozialist:innen sind sich die meisten Amerikaner:innen einig, dass private Unternehmen Regeln unterworfen werden sollten, die von ihnen verlangen, verantwortungsbewusst zu handeln. Banken sollten sich nicht an rücksichtslosen räuberischen Krediten beteiligen. Energiekonzerne sollten den Planeten und die öffentliche Gesundheit nicht gefährden, indem sie zu viel Umweltverschmutzung ausstoßen. Unternehmen sollten verpflichtet werden, dafür zu sorgen, dass Konsumgüter (wie Autos und Spielzeug) sicher sind und dass Unternehmen angemessene Löhne zahlen und sichere Arbeitsplätze bieten.
Sie wollen den politischen Einfluss der Superreichen und großen Unternehmen reduzieren, die Steuern auf die Reichen erhöhen, um erweiterte öffentliche Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, öffentlicher Nahverkehr und Hochschulbildung zu finanzieren und Barrieren für die Stimmabgabe zu reduzieren. Sie unterstützen einen höheren Mindestlohn, bezahlte Krankheitstage und bezahlten Urlaub, sichere Arbeitsplätze und [Rechte der] Gewerkschaften. Die Sozialist:innen betonen Regierungsunternehmen, aber selbst die meisten Amerikaner:innen bevorzugen von der Regierung betriebene Polizeidienststellen, Feuerwehren, Nationalparks, kommunale Versorgungsunternehmen, lokale Transitsysteme und öffentliche staatliche Universitäten und Volkshochschulen.
Es war Mamdanis und Wilsons Fokus auf Bezahlbarkeit des Lebens und auf Demokratie, die sie in den Kreis der Gewinner:innen katapultierte. Die Lektion für die Demokrat:innen ist nicht, dass alle oder sogar die meisten ihrer Kandidat:innen als demokratische Sozialist:innen antreten sollten, sondern dass sie politische Ideen vertreten , die den Amerikaner:innen helfen, die sich Sorgen um ihren Lebensunterhalt machen, die über die wachsende Vermögens- und Einkommensungleichheit besorgt sind und verärgert darüber dass unsere Demokratie von Milliardären ausgehöhlt wird. Tatsächlich waren die Arroganz und Korruption von Trump und Elon Musk – und ihre offensichtliche Gleichgültigkeit und Grausamkeit gegenüber Amerikaner:innen, die nur versuchen, über die Runden zu kommen – ein wichtiger Faktor dafür, dass Amerikaner:innen dazu bewegt wurden, für Mamdani, Wilson und andere sozialistische Kandidat:innen zu stimmen, ebenso wie für den neu gewählten progressiven Bürgermeister:innen von Buffalo, Sean Ryan, und eher mainstreamorientierte Demokrat:innen wie die neu gewählten Gouverneure Mikie Sherrill in New Jersey und Abigail Spanberger in Virginia.
Eine sehr amerikanische Tradition
Im Laufe der amerikanischen Geschichte haben einige der einflussreichsten Aktivist:innen und Denker:innen der Nation wie Debs, John Dewey, Helen Keller, W.E.B. DuBois, Albert Einstein, A. Philip Randolph, Walter Reuther, Gloria Steinem und Martin Luther King Jr. sich zum demokratischen Sozialismus bekannt. King glaubte, dass Amerika eine „radikale Umverteilung der wirtschaftlichen und politischen Macht“ brauche. Er sagte seinen Mitarbeiter:innen: „Vielleicht muss Amerika auf einen demokratischen Sozialismus zusteuern.“
Konservative Amerikaner:innen lieben es, das „Pledge of Allegiance“ zu rezitieren und „America the Beautiful“ zu singen. Nur wenige wissen wahrscheinlich, dass Francis Bellamy, ein sozialistischer Baptistenminister, „The Pledge“ und dass eine sozialistische Dichterin, Katherine Lee Bates, in den 1890er Jahren „Amerika das Schöne“ geschrieben hat.
In den frühen 1900er Jahren führten Sozialist:innen die Bewegungen für Frauenwahlrecht, Kinderarbeitsgesetze, Verbraucherschutzgesetze und die progressive Einkommenssteuer an. Die Sozialist:innen standen von der Gründung der NAACP 19093 bis zum Voting Rights Act von 19654 an der Spitze der Bürgerrechtsbewegung. Die Sozialist:innen haben lange auf eine universelle Krankenversicherung gedrängt, die dazu beigetragen hat, die Dynamik für Maßnahmen wie Medicare und Medicaid in den 1960er Jahren und Obamacare heute zu schaffen.
Mamdani, Wilson und andere gewählte Sozialist:innen sind mit der Geschichte des amerikanischen Sozialismus vertraut, einschließlich der Chancen und Fallstricke, mit denen diese bei der Verwaltung von Städten konfrontiert waren.
In den frühen 1900er Jahren war Milwaukee das Zentrum des amerikanischen Sozialismus. Die Stadt, die von der Brauereiindustrie dominiert wurde, war die Heimat vieler polnischer, deutscher und anderer Einwander:innen, die die Basis der Bewegung bildeten. Im Jahr 1910 wählten die Wähler:innen von Milwaukee Emil Seidel, einen ehemaligen Modellbauer, zu ihrem Bürgermeister, verschafften den Sozialist:innen die Mehrheit der Sitze im Stadtrat und im County Board und wählten Sozialist:innen in den Schulausschuss, zum Stadtkämmerer, zum Stadtanwalt, zum Rechnungsprüfer und in zwei zivile Richter:innenämter.
Während ihrer Amtszeit erweiterten die Sozialist:innen das Park- und Bibliothekssystem von Milwaukee und verbesserten die öffentlichen Schulen. Sie gewährten den städtischen Angestellten einen Achtstundentag. Sie führten strenge Fabrik- und Bauvorschriften ein. Sie schränkten die Polizeibrutalität gegen streikende Arbeiter:innen ein und verbesserten die Arbeitsbedingungen für einfache Polizist:innen. Die Sozialist:innen von Milwaukee verbesserten den Hafen, bauten kommunale Wohnungen und förderten öffentliche Märkte. Die Sozialist:innen hatten ihre eigene Lokalzeitung und sponserten Karnevals, Picknicks, Gesangsvereine und sogar Sonntagsschulen. Auf Druck der Stadtverwaltung senkten die lokalen Eisenbahn- und Elektrizitätsunternehmen, die mit kommunalen Lizenzen betrieben wurden, ihre Tarife.
Aus Dankbarkeit für diese Programme wählten die Wähler:innen die Sozialist:innen wieder ins Amt. Sie wählten Daniel Hoan von 1916 bis 1940 zum Bürgermeister. In diesen Jahren wurde Milwaukee häufig für seine sauberen, effizienten Verwaltungsmethoden gelobt, und seine Führer bezeichneten sich stolz als „Kanal-Sozialist:innen”.
Im April 1936 setzte das Time Magazine Hoan auf sein Cover. Die Geschichte nannte Hoan einen „Reformbürgermeister“, der „eine Partei repräsentiert, die nur etwa 3.000 zahlende Mitglieder in einer Stadt mit 578.000 Einwohner:innen hat. Die Banker:innen, Versorgungsunternehmen und großen Immobilienbesitzer:innen der Stadt sind seine „eingeschworenen Feinde“, bemerkte Time, und die lokale Presse sei „solide gegen ihn“. Trotzdem hielten die Wähler:innen von Milwaukee Hoan 24 Jahre lang im Amt. Der Grund, erklärte Time, ist, dass Hoan „einer der fähigsten öffentlichen Diener der Nation bleibt, und unter ihm ist Milwaukee vielleicht die am besten regierte Stadt in den USA geworden.“
Auch New York City hat eine Geschichte der Einführung von Maßnahmen, die als „sozialistisch“ bezeichnet werden. Fiorello La Guardia wurde während seiner drei Amtszeiten als Bürgermeister von New York (1933 – 1945) von seinen Kritiker:innen vorrangig als Linker angeprangert. Obwohl er eine ehrliche, effiziente und fortschrittliche Verwaltung führte, die dazu beitrug, die Stimmung zu heben und die Lebensbedingungen der vielsprachigen Arbeiter:innenklasse New Yorks zu verbessern, wurde er von Wirtschaftsverbänden ständig als unrealistischer Radikaler angegriffen. Als La Guardia vor dem Wintereinbruch Schneeräumgeräte für die Stadt anschaffen wollte, bezeichnete Finanzkontrolleur Charles Craig dies als „die wildeste Art von radikaler, sozialistischer” Idee. La Guardia sagte einmal gegenüber der New York Times: „Wenn jemand die bestehende Ordnung in Frage stellt, wird er entweder als Reformer oder als Radikaler bezeichnet. Ich habe das Schicksal, als Letzteres bezeichnet zu werden. Warum? Nur weil ich mich konsequent gegen Dinge gewehrt habe, die ich für ungerecht und gefährlich halte.”
Sozialist:innen und Demokratische Partei
Im Jahr 1932, auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, kandidierte Norman Thomas, ein protestantischer Geistlicher, für das Amt des Präsidenten auf der Plattform der Sozialistischen Partei, die Altersrenten, öffentliche Bauvorhaben, eine progressivere Einkommenssteuer, Arbeitslosenversicherung, Entlastungen für Landwirte, subventionierten Wohnraum für Arbeiterfamilien, eine kürzere Arbeitswoche und die Verstaatlichung von Banken und Grundstoffindustrien forderte. Thomas ging davon aus, dass seine Botschaft in solch verzweifelten Zeiten bei den Wähler:innen Anklang finden würde. Aber viele Wähler:innen, die Thomas‘ Ansichten vielleicht teilten, wollten ihre Stimme nicht an einen Sozialisten „verschwenden”, der keine Chance auf einen Sieg hatte und dem demokratischen Kandidaten Franklin D. Roosevelt sogar so viele Stimmen wegnehmen könnte, dass der Republikaner Herbert Hoover im Amt bleiben würde. Thomas hatte nicht mit einem Sieg gerechnet, war aber enttäuscht, dass FDR 22,8 Millionen Stimmen (57 Prozent) erhielt, während er sich mit 884.781 Stimmen (2 Prozent) begnügen musste. Als Freund:innen ihre Freude darüber zum Ausdruck brachten, dass FDR einige Punkte des sozialistischen Programms umsetzte, antwortete Thomas, dass das bloß „auf einer Krankenbahre“ geschehe. Er betrachtete den New Deal eher als Flickwerk denn als Reparatur eines kaputten Systems.
Nach dem Erfolg seines populären Enthüllungsbuchs, „Der Dschungel“, über die Schrecken der Slums und Fabriken von Chicago zog der Journalist Upton Sinclair nach Kalifornien und kandidierte für die Sozialistische Partei für das Repräsentantenhaus (1920), den US-Senat (1922) und das Amt des Gouverneurs von Kalifornien (1926 und 1930), gewann jedoch nur wenige Stimmen. 1934 kam Sinclair zu dem Schluss, dass er als Kandidat der Demokrat:innen mehr Einfluss haben könnte. Er verfasste eine 64-seitige Broschüre, in der er seinen Wirtschaftsplan darlegte – „I, Governor of California and How I Ended Poverty“ (Ich, Gouverneur von Kalifornien, und wie ich die Armut beendet habe) – und kandidierte bei den Vorwahlen der Demokrat:innen für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien.
Zu Sinclairs großer Überraschung wurde seine Broschüre zu einem Bestseller in ganz Kalifornien. Seine Kampagne entwickelte sich zu einer populären Basisbewegung. Tausende Menschen engagierten sich ehrenamtlich für seine Kampagne und gründeten im ganzen Bundesstaat „End Poverty in California“-Clubs (EPIC). Die wöchentlich erscheinende Zeitung der Kampagne, die EPIC News, erreichte bis zum Tag der Vorwahlen im August 1934 eine Auflage von fast einer Million Exemplaren. Die Kampagne ermöglichte es Sinclair, seine sozialistischen Ideen als vernünftige Lösungen für die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen in Kalifornien zu präsentieren.
Sinclair schockierte Kaliforniens politisches Establishment (und sich selbst), indem er die Vorwahl der Demokrat:innen gewann. Aus Angst vor einem Sinclair-Sieg haben sich Kaliforniens mächtige Geschäftsgruppen zusammengeschlossen und eine teure und effektive Schmutzige-Tricks-Kampagne gegen ihn mobilisiert. Am Wahltag erhielt Sinclair 37 Prozent der Stimmen – doppelt so viele wie für jede Demokrat:in in der Geschichte des Staates.
Sinclair gewann zwar nicht, aber seine Ideen drängten den New Deal nach links. Nachdem die Demokrat:innen in diesem Jahr einen erdrutschartigen Sieg bei den Zwischenwahlen zum Kongress errungen hatten, startete FDR den sogenannten Second New Deal, der die Sozialversicherung, große öffentliche Bauprogramme und das National Labor Relations Act umfasste, das den Arbeiter:innen das Recht auf Gewerkschaftsbildung einräumte.
Die Sinclair-Kampagne erteilte den Sozialist:innen eine wertvolle Lektion: Die Aufstellung ihrer Kandidat:innen auf dem Ticket einer dritten Partei [jenseits von Demokrat:innen und Republikaner:innen – die Red.] würde sie zu einer politisch marginalen Bewegung machen. Statt dessen könnten sie innerhalb der Demokratischen Partei nicht nur daran arbeiten, radikalere Ideen voran zu treiben, sondern auch weiterhin an den Schlüssel-Bewegungen für eine entschlossenere Politik und ein humaneres Land teilnehmen.
Im neuen „goldenen Zeitalter“
Während die Demokratische Partei angesichts von Trumps autoritären Angriffen weitgehend ohnmächtig ihren Weg sucht, die Regierung durch Oligarchen geplündert wird und eine prekäre, sich verschlechternden Wirtschaftslage um sich greift, begrüßten Mamdanis Wähler:innen dessen punktgenaue Fokussierung darauf, das Leben in der Stadt erschwinglicher zu machen. Dazu gehörten kostenlose Bussfahrten, allgemeine Vorschul- und Kinderbetreuung, städtische Lebensmittelgeschäfte und Mietpreisstopps.
Die New Yorker:innen begrüßten auch seine Angriffe auf die Superreichen der Stadt, darunter auf den übermäßigen Einfluss der Wall Street und der Immobilienbranche. Die Wähler:innen befürworteten Mamdanis Plan, die Steuern für die Superreichen der Stadt zu erhöhen, um die Verbesserung und den Ausbau der öffentlichen Dienstleistungen zu finanzieren. Dazu gehört eine zusätzliche Steuerklasse für Einwohner:innen von New York City mit einem Einkommen von über 1 Million Dollar, die mit 5,9 % besteuert würden, sowie die Anhebung des höchsten Körperschaftsteuersatzes des Bundesstaates von 7,25 % auf 11,5 %.
Mamdani versetzte viele Milliardäre der Stadt und des Landes in Angst und Schrecken, die es gewohnt waren, in der Politik ihren Willen durchzusetzen. In den letzten Wochen vor der Wahl am 4. November spendeten mehrere Dutzend Milliardäre über 8 Millionen Dollar an politische Aktionsgruppen, die gegen Mamdani oder für seinen Hauptkonkurrenten, den ehemaligen Gouverneur Andrew Cuomo, eintraten. Diese in letzter Minute zusammengestellte Wahlkampfkasse hatte jedoch kaum Einfluss auf das Ergebnis. Mamdani (der Cuomo im Juni in der Vorwahl der Demokrat:innen besiegte) erhielt über die Hälfte der Stimmen in einem Dreikampf mit Cuomo (der als Unabhängiger antrat) und dem republikanischen Kandidaten Curtis Sliwa.
Die Ursache für die wachsende Kritik der Amerikaner:innen am Kapitalismus und ihre Unterstützung für sozialistisch geprägte Politik ist die zunehmende Ungleichheit von Vermögen und Einkommen. Die 1.135 Milliardäre des Landes verfügen heute über ein Vermögen von 5,7 Billionen Dollar, mehr als die untere Hälfte der US-Haushalte zusammen besitzt. Allein Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg verfügen über ein Vermögen von fast 1 Billion Dollar. 1965 verdienten CEOs 21-mal so viel wie eine durchschnittliche Arbeiter:in; seitdem ist dieser Wert auf das 285-Fache gestiegen. In diesem Jahr wird Starbucks voraussichtlich einen Gewinn von über 25 Milliarden Dollar erzielen. Brian Niccol, der CEO des Unternehmens, verdiente im letzten Jahr 95,8 Millionen Dollar, während ein typischer Barista [Arbeiter:in in einem Cafè oder einer Cafèbar – die Red.] weniger als 15.000 Dollar bekam. Das Verhältnis zwischen dem Gehalt des CEOs und dem Medianlohn der Beschäftigten bei Starbucks beträgt 6.666 zu 1.
Mehr als ein Drittel der Amerikaner:innen gibt an, dass sie sich eine unerwartete Ausgabe von 400 Dollar nicht leisten können, und fast die Hälfte sagt, dass sie weniger Notfallersparnisse haben als noch vor einem Jahr. Die Mieten steigen rasant an, was es schwierig macht, Geld für den Kauf eines Eigenheims zu sparen. Das Durchschnittsalter der neuen Hauskäufer:innen liegt derzeit bei 40 Jahren – so hoch wie nie zuvor. Unterdessen prahlen Milliardäre wie Trump und Musk in diesem neuen Goldenen Zeitalter mit ihrem Reichtum, betreiben korrupte Praktiken des Crony-Capitalism5 und zeigen ihre Verachtung für die Demokratie und die einfachen Amerikaner:innen. Den Wähler:innen ist nicht entgangen, dass dies Tatsachen sind, die Amerikas bekanntester demokratischer sozialistischer Politiker, Bernie Sanders, in die Wahlkampagne einbrachte – eine Botschaft, die nach Jahrzehnten der Jagd auf die Roten zur Rehabilitierung des Sozialismus beigetragen hat.
Mamdanis Sieg nach einem zunächst großen Rückstand wurde durch eine Armee von über 100.000 Freiwilligen ermöglicht. Einige waren Veteran:innen früherer Wahlkämpfe, andere hatten sich in Gewerkschaften, Gemeindeorganisationen und anderen Kämpfen engagiert. Für wieder andere war Mamdanis Kreuzzug ihr erstes politisches Engagement. Das Gleiche gilt für die mehr als fünf Millionen Amerikaner:innen, die im Oktober an den „No Kings”-Demonstrationen und Kundgebungen im ganzen Land teilgenommen haben, der größten eintägigen Protestaktion in der Geschichte der Nation. Viele von ihnen beteiligen sich nun am Widerstand gegen Trumps ICE6– und Grenzschutz-Invasionen in US-Städten. Die wichtigsten Organisator:innen dieser Bemühungen sind Progressive und Linke, aber die meisten Teilnehmer:innen sind einfach Menschen, die die wirtschaftlich schwierigen Zeiten, ihre schwindenden Träume und die Arroganz der reichen Plutokraten satt haben.
Diese Dynamik hat dazu beigetragen, dass Sozialist:innen in Ämter gewählt wurden, aber der Wahlsieg ist nur ein erster Schritt. Von denjenigen, die tatsächlich Städte regieren müssen, hat Mamdani vielleicht die schwierigste Aufgabe. Er muss eine Verwaltung leiten, die sich auf die städtische Alltagsaufgaben konzentriert – den Müll abholen, Schlaglöcher reparieren, dafür sorgen, dass Parks und Spielplätze gepflegt werden, und garantieren, dass Schulen und Krankenhäuser über die notwendigen Ressourcen verfügen und die Polizei schnell auf Notrufe reagiert. Um dies zu erreichen, muss er mit Gouverneurin Kathy Hochul und der bundesstaatlichen Legislative zusammenarbeiten, da die Stadt nicht über die Befugnisse und finanziellen Mittel verfügt, um viele seiner Ideen umzusetzen – Ideen, deren Verwirklichung Lobby-Gruppen der Immobilien- und Finanzbranche zudem zu verhindern versuchen. Können die Liberalen und Progressiven des Bundesstaats, darunter auch die DSA, die Gouverneurin des Bundesstaats Kathy Hochul und die bundesstaatlichen Gesetzgeber:innen dazu bewegen, Mamdanis Agenda zu unterstützen? In den nächsten drei Jahren wird er sich zudem mit einem feindseligen Präsidenten auseinandersetzen müssen, der entschlossen ist, von Demokrat:innen geführte Städte zu untergraben. Wenn die Demokrat:innen nächstes Jahr die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobern, könnte dies dazu beitragen, viele von Trumps Maßnahmen abzuschwächen – darunter Angriffe auf Dinge, auf die viele New Yorker:innen und Amerikaner:innen angewiesen sind, wie Krankenversicherung, Lebensmittelmarken und Mietzuschüsse. Wenn 2028 eine Demokrat:in das Weiße Haus gewinnen soll, könnten New York und Seattle als Versuchslabore für eine progressive Agenda in den Bereichen Arbeit, Umwelt und Wohnen dienen.
Peter Dreier ist Professor für Politik und Stadtpolitik am Occidental College. Von 1984 – 1992 war er leitender politischer Berater des Bostoner Bürgermeisters Ray Flynn. Zu seinen Büchern gehören „Baseball Rebels: The Players, People, and Social Movements That Shook Up the Game and Changed America“, „We Own the Future: Democratic Socialism, American Style“, „The 100 Greatest Americans of the 20th Century: A Social Justice Hall of Fame“, „Place Matters: Metropoltics for the 21st Century“ und „The Next Los Angeles: The Struggle for a Livable City“.
Anmerkungen
1 Als FDR-Demokrat:innen werden jene Mitglieder der Demokratischen Partei bezeichnet, die den Ideen und der Politik des ehemaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt anhängen – insbesondere dem sozialstaatlich orientierten New Deal.
2 Als Swing-States werden jene US-Bundesstaaten bezeichnet, in denen mal die Republikanische, mal die Demokratische Partei die Wahlen gewinnt.
3 Die National Association for the Advancement of Colored People ist eine der ältesten und einflussreichsten Organisationen der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den USA.
4 Der Voting Rights Act von 1965 ist das von Präsident Lyndon B. Johnson auf dem Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen initiierte Bundesgesetz, welches die gängige Praxis von rassischer Diskriminierung bei Wahlen insbesondere in den Südstaaten verbietet. Damit wurde eine wichtige Forderung der Bürgerrechtsbewegung zur Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung durchgesetzt.
5 Der Begriff “Crony Capitalism“ meint ein kapitalistisches Wirtschaftssystem, in dem Unternehmen nicht durch Konkurrenz auf dem Markt erfolgreich werden, sondern durch enge politische Beziehungen und Begünstigungen von Regierungsseite.
6 ICE: Immigration and Customs Enforcement [Einwanderungs- und Zollbehörde]. Die ICE ist eine Behörde des Department of Homeland Security (DHS/Heimatschutzministerium) und zuständig für die Durchsetzung von Einwanderungs- und Zollgesetzen.
Quelle
Fotos
Doppel Zohran Mamdani/Katie Wilson: Screenshot Portside (Getty images/Wikipedia)
DSA NYC: About – NYC Democratic Socialists of America (DSA)
https://socialists.nyc/about Fackel
DSA Seattle: Democratic Socialists Have Spines – Seattle
https://seattledsa.org/2025/11/democratic-socialists-have-spines
Socialist Party of America (USA): Socialist Party USA
socialistparty-usa.org/statements/no3962.html
Daniel W. Hoan: Encyclopedia of Milwaukee; https://emke.uwm.edu/daniel-webster-hoan
Upton Sinclair, Cover: https://alchetron.com/Upton-Sinclair
The Djungle, Cover: https://schoolworkhelper.net/upton-sinclairs-the-jungle-summary-analysis/
Plakat Zohran for Mayor: Zorahn Mamdani PNG; https://svgdogs.com/product/zohran-mamdani-png
Katie Wilson for Transit Riders Union (TRU): https://theurbanist.org/20250312/katie-wilson
