von Dariusz Zalega, 13. November 2024

Polen hat wohl als einziges Land offiziell im Gesetz einen Schießbefehl, der sich, anders als in der DDR, wo auf Landsleute geschossen wurde, die das Land verlassen wollten, gegen Menschen richtet, die in das Land wollen.

1940 behauptete der ehemalige US-Botschafter in Frankreich, William Bullitt, Frankreich habe vor Deutschland kapituliert, weil es unter den jüdischen Flüchtlingen aus Deutschland viele Spione gegeben habe. Als sich die Flüchtlingskrise in den Jahren 1938-41 zuspitzte, senkten die USA konsequent ihre nationalen Quoten – also die gesetzlich festgelegten zahlenmäßigen Obergrenzen für Menschen bestimmter Nationalitäten, die in die USA einwandern wollten. Juden aus Deutschland wurde die Staatsbürgerschaft entzogen, so dass eine Ablehnung bei ihnen am einfachsten war – Staatenlose fielen überhaupt nicht unter diese Quoten, so dass die große Mehrheit der jüdischen Flüchtlinge aus Amerika weg gedrängt wurde, wie im berühmtesten Fall des Schiffes St. Louis, das nach Europa zurückkehren musste, weil Roosevelt jüdisches Asyl verweigerte.

Der Grund für die einwanderungsfeindliche Haltung der USA im zweiten Weltkrieg war, wie auch heute noch, die Angst um die Sicherheit der Bürger. Immerhin war zuvor unter den Flüchtlingen aus Deutschland ein Nazi-Spion – Herbert K.F. Bahr – entdeckt worden. Zu dieser Zeit marschierten amerikanische Faschisten ungehindert durch amerikanische Städte und erklärten offen ihre Unterstützung für Hitler. Normalerweise störten sich keine Behörden an ihnen – das ist die berühmte amerikanische Redefreiheit, die in der Verfassung verankert ist.

Dass Europa ohne die schlecht bezahlten und in Vorstadtsiedlungen eingesperrten Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiederaufgebaut worden wäre, weiß jeder. Dasselbe gilt für das Wissen über die Ursachen und die Geschichte des Aufstiegs der extremen Rechten in Westeuropa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In Polen wurde von Nationalisten und Liberalen beschlossen, genau das gleiche Muster zu reproduzieren.
Die größten Solidaritätsbekundungen des selbstzufriedenen liberalen Bürgertums mit den nicht-ukrainischen Migranten war ein Achselzucken, als sie sich den FilmZielona granica“, Grüne Grenze, angesehen haben. Jetzt haben wir die Angst vor bedrohlichen „Negern mit Messern“, die die tapferen polnischen Grenzsoldaten angreifen.

Woher kommen die nichteuropäischen Einwanderer, die ich an der polnisch-weißrussischen Grenze und in den so genannten „Ausländerzentren“ getroffen habe? Zum Beispiel aus den folgenden Ländern: Afghanistan – ein gescheitertes Land mit Unterernährung und ökologischer Katastrophe, das von einem islamischen Klerus der schlimmsten Sorte regiert wird; den Menschen dort werden Gliedmaßen abgeschnitten und sie werden für ein „Vergehen“, das in einer ultra-primitiven Auslegung der Scharia definiert wird, von den Dächern geworfen. Der polnische Armutsimperialismus hat viel zur „Befreiung“ dieses Landes beigetragen. Erst Nangar Khel, jetzt die Rückkehr der radikalisierten Taliban.

Syrien – ein gescheiterter Staat, der von tragischer Armut geplagt ist und von drei Lagern regiert wird: der degenerierten extremen Rechten, die sich als „antiimperialistisches“ Assad-Regime ausgibt; einer islamistischen Reaktion aller Art, die sich aus den Überresten der kurzlebigen „Freien Syrischen Armee“ und islamistischen Milizen zusammensetzt; den international isolierten Kurden und ihren Verbündeten im Norden, wo es an allem mangelt, außer türkischen Bomben, die auf Schulen, Krankenhäuser usw. niedergehen; und einem brutalen Bürgerkrieg, der scheinbar von geringer Intensität ist, aber von schrecklichen Terroranschlägen und wirtschaftlicher Lähmung geprägt ist.
Kamerun – ein armes Land mit einem brutalen Bürgerkrieg, der scheinbar von geringer Intensität ist, aber von schrecklichen terroristischen Anschlägen und wirtschaftlicher Lähmung geprägt ist. Darüber hinaus ist das Land wirtschaftlich und infrastrukturell unterentwickelt und extrem korrupt.

Südsudan – ein Land, das auf den legitimen Bestrebungen der lokalen Bevölkerung beruht, aber im Rahmen eines absurden geopolitischen Arrangements, das das Land zur Gnade und Ungnade des Westens verdammt. Außerdem gibt es dort kein Wasser, keine untergeordnete Infrastruktur, keine Schulen, aber jede Menge Kalaschnikows.
Sudan – noch mehr Kalaschnikows, ebenso wenig Wasser, ein Bürgerkrieg, in dem eine korrupte Armee gegen russisch subventionierte Milizen kämpft. Schreckliche ethnische Spannungen, eine jahrhundertelange Geschichte ethnischer Säuberungen. Der totale Horror.
Eritrea – ein weltabgewandter, unterdrückter Staat, in dem sich alles um das Militär dreht. Die Wirtschaft hängt vollständig von russischen Krediten ab. Plünderer werden auf offener Straße erschossen.

Äthiopien wird gemeinhin mit Armut und Naturkatastrophen in Verbindung gebracht, obwohl es heute der Vorreiter des Neoliberalismus in Afrika ist. So sehr, dass der dortige Warlord und heutige Premierminister Abiy Ahmed mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Unmittelbar danach begann er mit Luftangriffen auf die Provinz Tigraj. Und als Bomben die Rebellion der Partei der ehemaligen Hodschisten nicht niederschlagen konnten, ordnete er an, sie zu vernichten und die Region von der Außenwelt abzuschneiden. Das heißt: keine Lebensmittel, kein Wasser, kein Strom. Genau wie Joav Galant es für Gaza angeordnet hat. Aber niemand wird sich um Tigray kümmern, schließlich leben dort die „Schwarzen“.

Senegal – eine Wirtschaft in Schutt und Asche. Na ja, es sei denn, man macht Geschäfte mit Kokain und Menschenschmugglern. Im Hintergrund gibt es einen islamistischen Aufstand und eine demografische Krise, die durch den Zustrom von Flüchtlingen aus noch ärmeren Ländern wie Burkina Faso verursacht wird. Die Europäische Union subventioniert die örtliche Küstenwache, damit sie auf die Flüchtenden schießt, um das Problem“ in Europa einzudämmen. Offenbar erfolglos.

Irak – nun, die ersten waren die Polen, die den Irak „wiederaufbauten“. Von der SLD bis zur Partei Recht und Gerechtigkeit waren sie „für Sicherheit“ und „Wiederaufbau“ in einem. Ich denke, jeder weiß, was dabei herausgekommen ist.
Dies sind nur einige Beispiele. Darüber hinaus haben wir, unter anderem, Länder wie: Philippinen, Kuba, Simbabwe oder Mauretanien.

Es war klar, dass die Migrationsproblematik unter der PO schlimmer sein würde als unter der PiS. Die Partei Recht und Gerechtigkeit lieferte sich ein ekelhaftes mediales Wortgefecht und einen Zynismus auf der Ebene der rechtlichen Lösungen. Die PO hingegen macht das Gleiche, nur härter und in einem etwas anderen medialen Rahmen, damit es in den neuen Siedlungen gut ankommt.
Ich hoffe, dass alle, die noch helfen wollen, dies tun werden. Offensichtlich haben wir eine weitere Regierung, die sich nicht schlecht fühlt, wenn Blut an ihren Händen klebt, um nicht zu sagen, dass sie sich großartig dabei fühlt und in der „Festung Europa“ nach Beifall sucht.

Dariusz Zalega ist Historiker und Journalist aus Katowice. Er veröffentlichte u.a. eine Geschichte der sozialen Kämpfe in Schlesien.

Diesen Beitrag hat der Autor auf Facebook in polnischer Sprache veröffentlicht und uns zur Verfügung gestellt. Norbert Kollenda übersetzte den Text ins Deutsche.

Foto: https://culture.pl/artykul/darek-zalega-chachar-czyli-cham-wywiad